IHK-Konjunkturumfrage: Metropolregion stemmt sich gegen Bundestrend, Ergebnisse zeigen jedoch zweigeteiltes Bild

Die Vertreter der Brandenburger und Berliner IHKs bei der Pressekonferenz zur Konjunkturumfrage
© IHK Cottbus
Die Vertreter der Brandenburger und Berliner IHKs bei der Pressekonferenz zur Konjunkturumfrage

14.02.2024 | Die Berlin-Brandenburger Wirtschaft stemmt sich zu Jahresbeginn gegen den bundesweit weiterhin negativen Konjunkturtrend. So gewinnt der Konjunkturklimaindex im Vergleich zum Herbst acht Zähler hinzu. Er steigt auf 104 Punkte und liegt damit wieder im positiven Bereich (neutral = 100 Punkte). Vor allem in der Berliner Wirtschaft hellt sich das konjunkturelle Klima moderat auf, während Brandenburger Unternehmen sowohl die aktuelle Lage als auch die Geschäftserwartungen skeptischer beurteilen. Positiv fällt auf, dass sich der seit dem Sommer anhaltende Rückgang bei Konjunkturindikatoren wie etwa Investitions- und Personalplanung nicht fortgesetzt hat. In Teilen ist sogar eine leichte Aufhellung zu verzeichnen. Angesichts der wirtschaftlichen und geopolitischen Rahmenbedingungen fehlen für eine Erholung in der Breite derzeit aber weitgehend die Voraussetzungen. Für die repräsentative aktuelle Umfrage haben die IHKs Berlin und Brandenburg im Januar rund 2.000 Mitgliedsunternehmen befragt.  

 Gefragt wurde in der Konjunkturumfrage nach der aktuellen Geschäftslage, den Geschäftserwartungen, den Beschäftigungs- und Investitionsplänen sowie nach Risiken für die Geschäftsentwicklung. Auf Basis der Ergebnisse zu den einzelnen Fragen wird der Konjunkturklimaindex berechnet.

Demnach laufen in Berlin die Geschäfte wieder etwas schwungvoller. Vor allem der Dienstleistungssektor und der Handel bewerten die aktuelle Lage als besser im Vergleich zum Herbst. Dagegen hat sich im Gastgewerbe und in der Bauindustrie die Geschäftslage verschlechtert.

In Brandenburg ist über alle Branchen hinweg die Zahl derjenigen Unternehmen gesunken, die die aktuelle geschäftliche Lage als „gut“ einstufen. Auch hier gilt dies vor allem für das Gastgewerbe und die Baubranche. Nimmt man jedoch die gesamte Metropolregion in den Blick, ergibt sich trotz der aktuell auseinanderlaufenden Zeitreihen eine mäßige Aufwärtsbewegung des Saldos der Geschäftslage (Mittel aus positiven und negativen Einschätzungen) von 15 Punkten im Herbst auf aktuell 17 Punkte. Zum Vergleich: Vor den Einbrüchen durch die Pandemie lag dieser Wert bei über 60 Punkten.

Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung in der Metropolregion moderat besser verläuft als im Bundesschnitt, blicken die Unternehmen weiterhin überwiegend skeptisch auf die kommenden Monate. Der Erwartungssaldo liegt demnach bei minus sieben Punkten. Das sind zwar immerhin 13 Punkte mehr als im Herbst (minus 20). Die Erholung auf niedrigem Niveau ist jedoch in erster Linie der gestiegenen Zuversicht unter Berliner Unternehmen geschuldet. Die Erwartungshaltung in Brandenburg ist weiterhin von ausgesprochenem Pessimismus geprägt. 

Nachdem sich die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt zum Herbst 2023 in der Metropolregion weiter abgekühlt hatte, steigt der Indikator der Beschäftigungsplanung zu Jahresbeginn 2024 leicht an und erreicht den Nullpunkt. Dies ist den wieder positiveren Personalerwartungen in Berlin geschuldet. Damit liegt die Zeitreihe dennoch weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. 

Auch bei den Investitionsabsichten bleiben die Unternehmen vergleichsweise zurückhaltend. Nach dem corona-bedingten Konjunktureinbruch hatten sich die Investitionsplanungen zunächst erholt. Diese Entwicklung ist aber seit Herbst 2021 rückläufig. Im Ergebnis ist die aktuelle Investitionsdynamik deutlich verhaltener als noch vor 2020. Damals erreichte der Indikator Werte um die 30 Punkte. Aktuell liegt die Zeitreihe mit 13 Punkten nicht einmal bei der Hälfte.

Das Risikoradar wird angeführt vom Fachkräftemangel und den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, erst danach rangieren Energie- und Rohstoffpreise, Arbeitskosten und Inlandsabsatz.

Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft & Politik der IHK Berlin: „Die Signale zum Jahreswechsel sind widersprüchlich. Die Inflation sinkt, vor allem der Rückgang bei den Energiekosten ist positiv für die Unternehmen. Hinzu kommt die Hoffnung, dass auch die Zinsen perspektivisch sinken und Investitionen damit wieder attraktiver oder überhaupt erst möglich werden. Verhalten zuversichtlich stimmt auch, dass im Dienstleistungssektor insbesondere in Berlin gerade die unternehmensnahen Dienstleister wieder über eine gute Geschäftslage berichten. Gleichzeitig halten sich viele Unternehmen angesichts des schwächelnden Konsums, anhaltender internationaler Krisen und auch der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bei Investitionen und Personalplanungen zurück. Im Ergebnis spiegeln die Ergebnisse vor allem eines: Die Verunsicherung in der Wirtschaft hält an. Umso wichtiger ist es, dass die Wirtschaftspolitik auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene dringend benötigte Impulse setzt. Dazu gehören z.B. die Senkung der Steuer- und Abgabenlast, verlässliche Energiepreise und eine Reduzierung bürokratischer Auflagen.“

André Fritsche, Hauptgeschäftsführer IHK Cottbus: „Die Belastungen für die Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen sind beträchtlich und spiegeln sich in den insgesamt skeptischen Zukunftseinschätzungen der Betriebe wider. Ein stärkeres Investitionsengagement, was wichtig ist, damit die Wirtschaft wächst, wird es erst wieder geben, wenn die Bundespolitik eine wachstumsorientiertere Politik fährt. Damit Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, Gewinne erwirtschaften und diese reinvestieren, brauchen sie klare wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und Stabilität. Ein gemeinsames Verständnis von Politik und Wirtschaft davon, wie die Zukunftswende jetzt konkret aussehen kann, ist dringend notwendig.“

Gundolf Schülke, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostbrandenburg: „Die angespannte wirtschaftliche Lage trübt die Beschäftigungspläne und Investitionsabsichten in Berlin-Brandenburg. In der gesamten Metropolregion rechnen die Händler mit weniger Beschäftigung und weniger Investitionen. Maßgebliche Ursachen sind der Onlinehandel, die Inflation und die Kaufzurückhaltung. Darüber hinaus zeigt sich ein sehr heterogenes Bild: Beispielsweise rechnet die Industrie in Berlin mit weniger Personalbedarf, in Brandenburg aber mit mehr Personalbedarf. Dies zeigt deutlich, wie heterogen das Lagebild ist. Die Unternehmen brauchen mehr Sicherheit hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sowie finanzielle Anreize, um Investitionen zu planen und Personal einzustellen.“

Dr. Manfred Wäsche, Hauptgeschäftsführer IHK Potsdam: „Die allgemeinen Preissteigerungen, sinkende Nachfrage und Erträge sowie die Ineffizienz von Behörden wirken gesamtwirtschaftlich zusehends als Investitionshemmnisse. Für die wirtschaftliche Entwicklung der Hauptstadtregion sind Unternehmensinvestitionen jedoch unverzichtbar. Dies gilt verstärkt angesichts des Transformationsdrucks, mit dem sich die Wirtschaft derzeit in diversen Bereichen konfrontiert sieht. Allerdings schaffen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen derzeit kein geeignetes Umfeld, welches Investitionen im notwendigen Maße zulässt.“

Den vollständigen Konjunkturbericht finden Sie hier

Eine Auswertung für Südbrandenburg finden Sie im Artikel www.cottbus.ihk.de/konjunkturumfrage-suedbrandenburg

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