Russlandsanktionen: Auswirkungen auch auf Unternehmen ohne Russlandbezug

Im 11. und 12. Sanktionspaket gegen Russland sind Regelungen enthalten, die auch Unternehmen betreffen, die kein Russland-Geschäft (mehr) betreiben. Gemeint sind hier die sogenannte Hinweispflicht für Jedermann und die No-Russia-Klausel.

Übersicht:

1. Hinweispapier zur Vermeidung von Sanktionsumgehungen

Das Bundesministerium für Umwelt und Klimaschutz (BMWK) hat bereits im Dezember 2023 ein Hinweispapier veröffentlicht, das den Unternehmen Unterstützung anbietet. Dieser Risikoleitfaden soll den Unternehmen Hilfestellung geben, sich rechtskonform zu verhalten. Dies ist aktuell besonders schwierig, denn die Handelsgeschäfte mit sanktionierten Staaten u.a. Russland sind mit Verboten und Beschränkungen oder besonderen Genehmigungspflichten verbunden. Für ihre Handelsgeschäfte zum Beispiel mit Russland müssen die Unternehmen in eigener Verantwortung prüfen und beurteilen, ob das Geschäft den Sanktionen zuwiderläuft. Das kann die Handelsware betreffen oder aber auch die Geschäftspartner und Zwischenhändler. Dafür müssen die Verantwortlichen alle ihnen zur Verfügung stehenden Informationen ausschöpfen.

Die Hinweise sollen über Risiken informieren, die im Rahmen der sanktionsrechtlich gebotenen unternehmerischen Sorgfaltspflichten berücksichtigt werden sollten. Die Hinweise sind dabei als unverbindliche und nicht abschließende Unterstützung bei der Sanktions-Compliance exportierender Unternehmen zu verstehen. Die Hinweise spiegeln die aktuell bekannten Erkenntnisse zu sanktionsrelevanten Risikoindikatoren wider. Sie werden regelmäßig evaluiert und bei Bedarf inhaltlich angepasst.

Hier finden Sie das Hinweispapier des BMWK

2. Hinweispflicht für Jedermann bei Kenntnis von Sanktionsverstößen

Die sogenannte “Jedermannspflicht” wurde mit dem 11. EU-Sanktionspaket unter Art. 6b der EU-Verordnung Nr. 833/2014 aufgenommen.

Von dieser Hinweispflicht sind alle natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen betroffen - unabhängig davon, ob die Informationen beruflich oder privat erlangt werden, müssen diese gemeldet werden. Eine Ausnahme gilt lediglich für die geschützte vertrauliche Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen und ihrer Mandantschaft. Die Pflicht zur Hinweisgebung bezieht sich konkret auf sämtliche sachdienliche Informationen über Verletzungen und Umgehungen sowie Versuche der Verletzung oder Umgehung der in der Verordnung festgelegten Verbote. Sie tritt direkt nach Erlangung der jeweiligen Kenntnis ein. Hierzu gehören zum Beispiel Kenntnisse über konkrete Beschaffungsversuche oder sanktionswidrige Handelsbeziehungen. Die Hinweispflichtigen haben jedoch keine Verpflichtung, die Richtigkeit der Informationen durch eigene Recherchen zu überprüfen.

Hinweise zu Sanktionsverstößen für Güter bzw. güterbezogenen Dienstleistungen werden dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle unter  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! mitgeteilt. Betreffen die Hinweise Gelder, Finanzmittel oder Finanzhilfen, werden diese unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! bei der Bundesbank gemeldet.

Verstöße gegen die oben aufgeführte Hinweispflicht stellen Ordnungswidrigkeiten nach § 19 Absatz 5 des Außenwirtschaftsgesetzes dar. Dies gilt auch für fahrlässige Verstöße gegen die Hinweispflicht.

Weitere Details finden Sie unter Punkt 58 der FAQ-Liste zu Russland-Sanktionen des BMWK

3. No-Russia-Klauseln in Verkaufsverträgen

Die No-Russia-Klausel gilt für Verkäufer bestimmter Güter ab dem 20.März 2024

Im 12. Sanktionspaket der EU gegen Russland werden Unternehmen verpflichtet, in ihren Verträgen über den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern und Technologien in Drittländer eine Klausel aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich untersagt.

 Hierdurch soll die Sanktionsumgehung über Drittländer unterbunden werden, da zwar viele Unternehmen keine direkten Verkäufe nach Russland tätigen, über Umwege ihre Güter aber trotzdem nach Russland gelangen.

Entsprechende Klauseln müssen jedoch nur beim Verkauf von folgenden Gütern und Technologien aufgenommen werden:

  • Güter und Technologien der Anhänge XI, XX, XXXV der Verordnung 833/2014
  • Gemeinsame Güter mit hoher Priorität gemäß der Liste in Anhang XL der Verordnung 833/2014
  • Feuerwaffen und Munition gemäß der Liste in Anhang I der EU-Verordnung 258/201.

Entsprechende Klauseln sind darüber hinaus nicht notwendig, sofern der Verkauf in eines der in Anhang VIII der Verordnung 833/2014 aufgeführten Partnerländer erfolgt, diese sind derzeit:

  • USA
  • Japan
  • Vereinigtes Königreich/Großbritannien
  • Südkorea
  • Australien
  • Kanada
  • Neuseeland
  • Norwegen
  • Schweiz

Gut zu wissen: 

Um Ihre Betroffenheit zu überprüfen, sollten Sie die in Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2024 erwähnten Güterlisten durchgehen.

Die Anhänge umfassen insbesondere folgende Güter: 

  • Anhang XI:  insbesondere Güter zur Verwendung in der Luft- und Raumfahrtindustrie
  • Anhang XX: insbesondere Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive
  • Anhang XXXV: Feuerwaffen und andere Waffen
  • Anhang XL: unter anderem Schaltungen, Halbleiterbauelemente, bestimmte elektrische Geräte.

Artikel 12g sieht darüber hinaus eine Altvertragsklausel vor.

Demnach gilt die No-Russia-Klausel nicht für die Erfüllung von Verträgen vor dem 19. Dezember 2023 bis zum 20. Dezember 2024 oder bis zum Ablaufdatum, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher gilt.

Die vertragliche Vereinbarung muss außerdem für den Fall eines Verstoßes „angemessene“ Abhilfemaßnahmen enthalten, die jedoch nicht näher spezifiziert werden. Außerdem sind Verstöße gegen die Wiederausfuhr nach Russland, den zuständigen Behörden (in Deutschland dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – BAFA) zu melden.

Die EU-Kommission hat am 22. Februar FAQs inklusive einer Musterklausel in Bezug auf Artikel 12g der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 veröffentlicht.

 Den Link zum Download finden Sie unter: "No re-export to Russia" clause - European Commission (finance.ec.europa.eu)

Die EU-Kommission hat angekündigt, Leitlinien zu veröffentlichen, um Unternehmen die Vertragsanpassung zu erleichtern; sobald diese vorliegen, werden sie an dieser Stelle publiziert.

 

Ansprechpartner

Petra Piater
Geschäftsbereich: Außenwirtschaft und Unternehmensentwicklung
Zoll/Außenwirtschaftsdokumente
t: +49(0)355 365 3403
f: +49(0)355 3659 3403
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