Unternehmensförderung durch JTF-Strukturmittel

Reges Interesse bei der JTF Veranstaltung am 26.04.2023
© Foto Goethe / IHK Cottbus
Reges Interesse bei der JTF Veranstaltung am 26.04.2023

Der europäische Just-Transition-Funds (JTF) macht direkte Unternehmensförderung endlich möglich und wird somit für die vom Lausitzer Strukturwandel betroffenen Unternehmen ein wichtiger Fördertopf. Insgesamt sind rund 238 Millionen Euro für die JTF-Unternehmensförderung vorgesehen, davon rund 170 Millionen Euro für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und etwa 68 Millionen Euro für Großunternehmen. Vorrangig hilft das Programm somit direkt den vom Braunkohleausstieg betroffenen KMU.

In einer Auftaktveranstaltung mit Eröffnung durch Wirtschaftsminister Steinbach wurde die Förderrichtlinie am 26. April 2023 im Startblock B2 in Cottbus live und per Videostream vorgestellt (siehe Pressemitteilung vom 26.04.2023 und Präsentation (PDF).

Ab sofort können sich Unternehmer bei der IHK Cottbus, der HWK Cottbus und der ILB kostenfrei beraten lassen. Im Juni und Juli sind mehrere Workshops und Informationsveranstaltungen geplant, um über Details der Richtlinie und der Antragstellung zu informieren, damit die Unternehmen startklar sind, wenn die Richtlinie Mitte August in Kraft tritt!

Informieren Sie sich hier und auf der Seite www.jtf.brandenburg.de . 

Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um den JTF:

Was ist unter einer JTF-Förderung zu verstehen?

JTF steht für Just Transition Fund, übersetzt: Fonds für einen gerechten Übergang. Gemeint ist damit der Übergang hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft innerhalb der EU. Für die Anstrengungen Veränderungen in die Wege zu leiten und Anpassungen in Produktion, Handel, Dienstleistungen und Handwerk vorzunehmen, steht jedem EU-Land entsprechend seiner Einwohnerzahl ein Budget zur Verfügung. Mittelverteilung laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Aus dem Budget für Deutschland kann Brandenburg 786 Mio. EUR an Fördermitteln vergeben. Das Besondere: Erstmalig stehen der gewerblichen Wirtschaft in den Strukturwandelregionen direkt abrufbare  Fördermittel zur Verfügung.
Lausitzprogramm 2038

Welches Ziel verfolgt die EU damit?

Die EU setzt verstärkt auf den Klimaschutz und arbeitet mit den Mitgliedsstaaten an der Umsetzung ihrer Ziele für 2030 und 2050. Die sozialen, beschäftigungsspezifischen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen des Transformationsprozesses auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft sollen durch die bereitgestellten Mittel für die Regionen und  Menschen besser bewältigt werden.
EU-Parlament zu den JTF-Zielen

Gibt es die JTF-Mittel nur für bestimmte Regionen Brandenburgs?

Die JTF-Fördergebiete in Deutschland (Sachsen, Nordrhein Westfahlen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg) sind mit der EU abgestimmt. In Brandenburg betrifft das die südlichen Landkreise Dahme-Spreewald, Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster sowie die Stadt Cottbus und darüber hinaus die östliche Region um die Raffinerie Schwedt.

Wem soll die Förderung zu Gute kommen?

Die Förderung richtet sich vor allem an klein- und mittelständische Betriebe (KMU) aller Branchen, die vom Strukturwandel direkt und indirekt betroffen sind und deren Maßnahmen und Investitionen zum Klimaschutz beitragen. Zudem sollen Gründungen über ein Startgeld gefördert werden.

Gibt es Mindest- oder Höchstgrenzen für geförderte Investitionen?

Im Gegensatz zur sogenannten GRW-Förderung, die erst ab einem Investitionsvolumen von 60.000 EUR greift, soll es bei der JTF-Förderung eine geringere Mindestgrenze geben. Eine Höchstgrenze ist bisher nicht bekannt.

Wofür können die Mittel eingesetzt werden?

Es gibt seitens der EU eine Verordnung zum JTF vom 30. Juni 2021. Aus dem JTF werden nur Vorhaben unterstützt, die direkt zur Schaffung  einer klimaneutralen Wirtschaft beitragen (Art. 8 der EU-VO). Im Einzelnen sollen förderfähig werden:

  1.  produktive Investitionen in KMU, einschließlich Kleinstunternehmen und Start-up-Unternehmen, die zur Diversifizierung, Modernisierung und Umstellung der Wirtschaft führen;
  2.  Investitionen in die Gründung neuer Unternehmen, auch durch Gründerzentren und Beratungsdienste, die zu neuen Arbeitsplätzen führen;
  3.  Investitionen in Forschungs- und Innovationstätigkeiten, auch durch Hochschulen und in öffentlichen Forschungseinrichtungen, und Förderung des Transfers fortschrittlicher Technologien;
  4.  Investitionen in den Einsatz von Technologien sowie in Systeme und Infrastrukturen für erschwingliche saubere Energie, einschließlich Energiespeichertechnologien, und in die Verringerung der Treibhausgasemissionen;
  5.  Investitionen in erneuerbare Energie im Einklang mit der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (17), einschließlich der darin festgelegten Nachhaltigkeitskriterien, und in Energieeffizienz, auch für die Zwecke der Minderung der Energiearmut;
  6.  Investitionen in intelligente und nachhaltige lokale Mobilität, einschließlich der Dekarbonisierung des lokalen Verkehrssektors und seiner Infrastruktur;
  7.  Instandsetzung und Modernisierung von Fernwärmenetzen zur Verbesserung der Energieeffizienz und Investitionen in die Wärmeproduktion, sofern die Fernwärmeanlagen ausschließlich durch erneuerbare Energiequellen beliefert werden;
  8.  Investitionen in Digitalisierung, digitale Innovationen und digitale Konnektivität;
  9.  Investitionen in die Sanierung und Dekontaminierung von Industriebrachen, die Wiederherstellung von Flächen, einschließlich grüner Infrastruktur falls erforderlich, und Umwidmungsprojekte, wobei das Verursacherprinzip berücksichtigt wird;
  10.  Investitionen in die Förderung der Kreislaufwirtschaft, unter anderem durch Abfallvermeidung, -reduzierung, Ressourceneffizienz, Wiederverwendung, Reparatur und Recycling;
  11.  Weiterqualifizierung und Umschulung von Beschäftigten und Arbeitssuchenden;
  12.  Unterstützung Arbeitssuchender bei der Arbeitssuche;
  13.  aktive Eingliederung von Arbeitssuchenden;
  14.  technische Hilfe;
  15.  sonstige Tätigkeiten in den Bereichen Bildung und soziale Eingliederung, einschließlich — in hinreichend begründeten Fällen — Investitionen in die Infrastruktur für Ausbildungszentren sowie Kinderbetreuungs- und Altenpflegeeinrichtungen gemäß den territorialen Plänen für einen gerechten Übergang.

Näheres wird die Richtlinie des Landes Brandenburg darlegen, die derzeit erarbeitet wird.

Welche Fördersystematik ist vorgesehen? 

Die Förderung über den JTF sieht für die Lausitz drei Fördergrundlagen vor, von denen zwei als Unternehmensförderung und eine als kommunale Förderung ausgelegt sind:

A.       Gewerbliche Investitionsförderung

  • KMU-Richtlinie
  • GU-Richtlinie (Groß-Unternehmen)

B.       Förderung Fachkräftesicherung und –entwicklung

  • Fachkräfte-Richtlinie

C.       Stärkung der Entwicklungspotentiale

  • Infrastruktur-Richtlinie und Breitband-Förderung ausgestattet

Bisher ist nur der Entwurf für die gewerbliche Investitionsförderung erarbeitet worden. Hierbei geht das MWAE von insgesamt vier Fördertatbeständen aus:

  1. „Produktive Investitionen KMU“,
  2. „Transformationsberatung“,
  3. „Gründungen Startgeld-Lausitz“ und
  4. „Produktive Investitionen GU“.

Für die Fördertatbestände „Produktive Investitionen KMU“ und „Transformationsberatung“ gibt es drei Möglichkeiten des Fördereinstieges:

  • das KMU ist direkt vom Strukturwandel als Lieferant der LEAG betroffen,
  • es sichert und/oder schafft Arbeitsplätze oder
  • das KMU investiert in die Kreislaufwirtschaft. 

In der Fachkräfte-Richtlinie sind als Fördertatbestände angedacht

  • Fachstelle für Transformation
  • Qualifizierung von Seiteneinsteigern

Bei der Stärkung der Entwicklungspotentiale wendet sich die Richtlinie an Kommunen und kommunale Betriebe (ÖPNV, wasser- und energietätige kommunale Unternehmen) und soll noch sehr unspezifischen Fördertatbestände umfassen:

  • digitale Infrastruktur in Regionen, die nicht von privaten Unternehmen erschlossen werden
  • außerschulische-/außerbetriebliche Infrastruktur (Förderung von Volkshochschulen)

Was ist von der Förderung ausgeschlossen?

Für reine Ersatzinvestitionen dienen JTF-Mittel nicht. Förderfähig sind Vorhaben der Modernisierung, Diversifizierung und Umstellung von Unternehmensprozessen. Auslandsumsätze werden nicht gefördert, der JTF steht nicht für die reine Stärkung des Exports bereit. Es werden die Netto-Investitionen ohne Umsatzsteuer gefördert.

Ab wann können die Mittel beantragt werden?

Sobald die Antragstellung über das Kundenportal der ILB freigeschalten ist, können Unternehmen Mittel für ihre Projekte bei der ILB beantragen. Laut Aussage von Wirtschaftsminister Steinbach ist damit voraussichtlich Mitte August 2023 zu rechnen.

Wieviel Zeit haben Unternehmen für die Umsetzung?

In der Regel haben Unternehmen drei Jahre ab Fördermittelbescheid Zeit, ihre Investition durchzuführen und abzuschließen. Gut vorbereitete förderwürdige Projekte und eine zügige Beantragung sind entscheidend, damit das zur Verfügung stehende Geld dann schnell in den Unternehmen ankommt! Die insgesamt 786 Mio. EUR für Brandenburg vorgesehenen Mittel müssen bis 2027 über Förderbescheide gebunden sein.

Welche Vorbereitungen sind jetzt schon sinnvoll?

Bereiten Sie Ihre Investitionen gut vor, indem Sie Maßnahmen beschreiben, Angebote einholen und Ihr Vorhaben einem Fördertatbestand zuordnen. Auch könnten Sie sich bereits ein „Konto“ im ILB-Kundenprotal anlegen und eine Verifizierung Ihrer Personendaten vornehmen.

Hintergrund: 

Die EU stellt den deutschen Braunkohle­revieren mit dem Just Transition Fund insgesamt rund 2,3 Milliarden Euro bis 2027 zur Verfügung. Die Mittel werden auf die Kohlereviere in Brandenburg, Nordrhein-West­fahlen, Sachsen und Sachsen-Anhalt aufgeteilt und entsprechend der für die jeweiligen Reviere aufgestellten Territorialen Pläne für den gerechten Übergang (Territorial Just Transition Plan – TJTP) genutzt. Auf Brandenburg entfallen 786 Millionen Euro. Die JTF-Förderung zielt insbesondere darauf ab, die im Zuge des Kohle­ausstiegs wegfallenden Arbeitsplätze zu ersetzen. Gleichzeitig sollen neue Wachstumsperspektiven in den Regionen geschaffen werden. Die JTF-Mittel können u. a. für Maßnahmen zur Gründung oder Transfor­mation von Unternehmen, zur Stärkung von Forschungstätigkeiten, zum Aufbau einer grünen Energieversorgung oder zur Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften eingesetzt werden.

 

 

Ansprechpartner

Bernd Hahn
Regionalcenter Dahme-Spreewald
Geschäftsbereich: Außenwirtschaft und Unternehmensentwicklung
Finanzierung, Förderung und Krisenmanagement
t: +49(0)355 365 3102
f: +49(0)355 36526 3102
bernd.hahn@cottbus.ihk.de