Insolvenzverfahren für Unternehmer

Das Insolvenzrecht legt einen Schwerpunkt insbesondere auf die Unternehmenssanierung. Eine grundlegende Neuerung ist außerdem die Möglichkeit der Restschuldbefreiung, die auch unternehmerisch tätigen natürlichen Personen eröffnet wurde.

Unabhängig von diesen Verbesserungen des Insolvenzrechts für den Schuldner handelt es sich beim Insolvenzverfahren nach wie vor um ein Gesamtvollstreckungsverfahren im Gläubigerinteresse, d. h. die Gläubiger sind die eigentlichen "Herren" des Verfahrens. Das Insolvenzgericht ist lediglich Hüter der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Die Insolvenzverwaltung ist den Interessen sämtlicher am Verfahren Beteiligter verpflichtet. Für Selbständige, d. h. auch Gewerbetreibende, ist in der Insolvenzordnung das Regelinsolvenzverfahren vorgesehen.

1. Insolvenzeröffnung

Das Insolvenzverfahren ist ein Antragsverfahren, d.h. es wird nur auf Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht eröffnet. Sie sollten beachten, dass nicht nur der Schuldner, sondern auch seine Gläubiger zur Stellung des Insolvenzantrages berechtigt sind.
Für die Landkreise des Kammerbezirks der IHK Cottbus ist das Amtsgericht Cottbus das zuständige Insolvenzgericht.

1.2 Antragspflicht

Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ohne natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter sind gesetzlich dazu verpflichtet, innerhalb von maximal drei Wochen nach Eintritt der Insolvenzreife den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Vertretungsorgane dieser Gesellschaften sollten beachten, dass die schuldhafte Verletzung dieser Antragspflicht zivilrechtliche (Schadensersatz) und strafrechtliche Folgen für sie persönlich haben kann.

1.3. Schuldnerantrag

Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Dem Antrag des Schuldners muss daher ein Verzeichnis seiner Gläubiger und Schuldner sowie eine Übersicht über die Vermögensmasse beigefügt werden. Insbesondere für die Prüfung, ob das Insolvenzverfahren eröffnet werden kann sind die genannten Unterlagen erforderlich. Wenn Sie als Schuldner schon einen Sanierungsplan haben sollten, sollten Sie diesen auch gleich mit den Antragsunterlagen dem Gericht einreichen, um einen ggfs. eingesetzten Insolvenzverwalter frühzeitig über dieses Konzept zu informieren.

1.4 Gläubigerantrag

Auch von Seiten der Gläubiger kann ein Insolvenzantrag gestellt werden. Bei einem Gläubigerantrag stellt das Gericht deutlich höhere Anforderungen an die Berechtigung zur Stellung des Insolvenzantrages. Der Gläubiger muss ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben. Ein rechtliches Interesse fehlt immer dann, wenn die Befriedigung des Gläubigers auf einfachere, schnellere und zweckmäßigere Weise erreicht werden kann. Der Gläubiger muss daher seine Forderungen durch Vorlage geeigneter Urkunden z. B. Urteile, Vollstreckungsbescheide, Schuldscheine, eidesstattliche Versicherung, Wechsel etc. glaubhaft machen.

1.5 Vorläufige Sicherungsmaßnahmen

Bis über den Insolvenzantrag entschieden wird, kann das Gericht folgende Sicherungsmaßnahmen erlassen, um eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten:

  • Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters,
  • Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots an den Schuldner sowie Anordnung, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind,
  • Einstellung und Untersagung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das unbewegliche Vermögen des Schuldners. 

1.6 Entscheidung über den Insolvenzantrag

Das Gericht kann den Antrag mangels Vorliegen eines Insolvenzgrundes oder mangels Masse abweisen. Mangels Masse bedeutet, dass das verbliebene Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die Gerichtskosten sowie die Vergütungen für den vorläufigen Insolvenzverwalter, den Insolvenzverwalter und die Mitglieder des Gläubigerausschusses zu begleichen. Es besteht für die Gläubiger aber die Möglichkeit, einen Massekostenvorschuss zu leisten, um die Eröffnung des Verfahrens herbeizuführen.

2. Insolvenzgründe

Insovenzgründe sind drohende Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

2.1 Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)

Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Von der Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden ist die bloße Zahlungsstockung. Diese liegt vor, wenn der Schuldner die berechtigte Erwartung hat, er werde die Forderungen der Gläubiger inner-halb eines Zeitraums, der üblicherweise als nur vorübergehend anzusehen ist, erfüllen können. Der Schuldner muss also kurzfristig (Zeitraum einzelfallabhängig, Richtwert: etwa 2-3 Wochen) imstande sein, sich die erforderlichen flüssigen Mittel zu beschaffen, um die Verbindlichkeiten zu begleichen. Nur dann kann von einer bloßen Zahlungsstockung ausgegangen werden, die noch keinen Insolvenzgrund darstellt. Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Deshalb wird an dieser Stelle unbedingt zur Einschaltung von Fachleuten geraten.

Typische Indizien der Zahlungsunfähigkeit sind:

  • Nichtzahlung von Lieferanten
  • Nichtzahlung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherungsbeiträgen
  • Hingabe ungedeckter Schecks
  • Wechselproteste
  • Zwangsvollstreckungen/Vorliegen von Vollstreckungsanträgen
  • Antrag zur Abgabe einer Vermögensauskunft des Schuldners 

2.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)

Der Schuldner hat außerdem die Möglichkeit, schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Der Gesetzgeber wollte dem Schuldner die zusätzliche Möglichkeit einräumen, auch schon dann Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Zahlungsunfähigkeit bereits absehbar ist und ein weiteres Zuwarten die Sanierungschancen des Unternehmens nur noch weiter verschlechtern würde (z. B. Abwanderung der besten Arbeitnehmer, Schuldenanstieg). Von der Möglichkeit des Eigenantrags des Schuldners wegen drohender Zahlungsunfähigkeit sollte deshalb dann Gebrauch gemacht werden, wenn Sanierungschancen für das angeschlagene Unternehmen in Aussicht sind.

2.3 Überschuldung (§ 19 InsO)

Bei juristischen Personen kann auch die Überschuldung Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahen sein. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Neben der rechnerischen Überschuldung - wenn also das auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesene Vermögen kleiner ist als die auf der Passivseite ausgewiesenen Verbindlichkeiten - ist die positive Fortführungsprognose für die Beurteilung des Insolvenzgrundes der Überschuldung maßgeblich. Dadurch können rechnerisch überschuldete Unternehmen der Insolvenzantragspflicht entgehen, sofern sie eine positive Fortführungsprognose aufstellen können.

Bewertungskriterien:
Die Überschuldungsbilanz ist nicht mit der Handelsbilanz identisch, sondern stellt eine eigenständige Sonderbilanz dar. Dafür sind allein die tatsächlichen Zeitwerte zu ermitteln ohne Rücksicht auf die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften. Die positive Fortführungsprognose setzt voraus, dass der Wille besteht, das Unternehmen fortzuführen (subjektives Element) und dass die Fortführung objektiv erfolgsversprechend erscheint. Maßgeblich ist, ob ein ordentlicher Geschäftsleiter auf der Grundlage einer gewissenhaften, sachkundigen Prüfung aller am Stichtag erkennbaren wesentlichen Umstände sich für eine Fortführung des Unternehmens entscheiden würde. Objektiv erfolgsversprechend ist die Fortführungsprognose, wenn das Unternehmen im laufenden sowie im nächsten Geschäftsjahr voraussichtlich nicht zahlungsunfähig wird. Dies wiederum ist anhand eines konkreten Unternehmenskonzeptes zu prüfen und zu belegen. Grundsätzlich wird es als unumgänglich angesehen, die Fortführungsprognose durch einen Finanzplan sowie eine Liquiditätsrechnung zu belegen, da nur so ermittelt werden kann, ob die zukünftige Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist. Die wesentlichen Prämissen und Bestandteile der Überschuldungsprüfung, insbesondere auch die der Fortführungsprognose zugrunde gelegten Tatsachen, Annahmen und Schlussfolgerungen, sollten dokumentiert und erläutert werden. Die Auswirkungen des Unternehmenskonzeptes sind darzulegen. Die ordnungsgemäße Dokumentation ist auch vor dem Hintergrund einer Minderung der Haftungsrisiken bedeutsam.

3. Das eröffnete Verfahren

Sind die Voraussetzungen für eine Eröffnung des Verfahrens gegeben, erlässt das Insolvenzgericht einen Eröffnungsbeschluss und ernennt eine Person zum Insolvenzverwalter. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt die Beschlagnahme des schuldnerischen Vermögens ein. Der Schuldner verliert die Verwaltungs- u. Verfügungsbefugnis über sein Vermögen. Mit der Verfahrenseröffnung tritt der Insolvenzverwalter in die Rechtsstellung des Gemeinschuldners ein und übernimmt damit auch dessen arbeitsrechtliche Verpflichtungen als Arbeitgeber. Er hat somit auch die Möglichkeit, Arbeitnehmern zu kündigen.

Folgende Termine markieren die Durchführung des Verfahrens:

Gerichtliche Termine

  • Berichtstermin: Der Verwalter unterrichtet die Gläubiger über den Stand des Verfahrens. Er schlägt weitere Maßnahmen, z. B. Fortführung des Unternehmens, vor.
  • Prüfungstermin: Die angemeldeten Forderungen der Gläubiger werden vom Verwalter geprüft. Wird eine Forderung anerkannt, erhält der Gläubiger darüber eine Bescheinigung (Auszug aus Insolvenztabelle). Dieser Auszug ist Vollstreckungstitel. Vollstreckt werden kann aber erst nach Beendigung des Verfahrens.Die angemeldeten Forderungen der Gläubiger werden vom Verwalter geprüft. Wird eine Forderung anerkannt, erhält der Gläubiger darüber eine Bescheinigung (Auszug aus Insolvenztabelle). Dieser Auszug ist Vollstreckungstitel. Vollstreckt werden kann aber erst nach Beendigung des Verfahrens.
  • Schlusstermin: Er dient der Prüfung der Schlussrechnung des Verwalters. Falls der Verwalter entlastet wird, hebt das Gericht das Verfahren auf. 

4. Besonderheiten für Arbeitsverträge

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht zu einer Auflösung der Arbeitsverträge. Diese bestehen vielmehr fort. Wird ein Insolvenzverwalter bestellt, so nimmt dieser sämtliche Arbeitgeberrechte und -pflichten wahr. Das Gleiche gilt auf Anordnung des Insolvenzgerichts für den vor-läufigen Insolvenzverwalter. Ausnahmsweise bleibt der Schuldner rechtlich in der Arbeitgeberstellung, wenn das Insolvenzgericht in dem Eröffnungsbeschluss auf Antrag des Schuldners mit Zustimmung der Gläubiger die Eigenverwaltung angeordnet hat.

4.1 Sozialversicherung des Arbeitnehmers

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers berührt nicht die Verpflichtung zur Beitragszahlung zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Lediglich die Beiträge zur Unfallversicherung können entfallen, wenn die Arbeitnehmer nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur fristgerechten Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses von der Arbeit freigestellt wurden.

4.2 Kündigung

Wenn zwischen den Vertragspartnern nicht ohnehin eine kürzere Kündigungsfrist gilt, beträgt diese drei Monate zum Monatsende. Diese verkürzte Kündigungsfrist setzt sich gegenüber sämtlichen längeren Kündigungsfristen, Befristungen oder Unkündbarkeitsregelungen durch, gleichgültig, ob diese auf Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag beruhen.

4.3 Insolvenzgeld

Das von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlte Insolvenzgeld schützt die Arbeitnehmer vor dem Risiko des Lohnausfalls: Innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis kann bei der zuständigen Arbeitsagentur Insolvenzgeld beantragt werden (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Zuständig ist die Arbeitsagentur, in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Hat der Arbeitnehmer aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, die Ausschlussfrist versäumt, kann er innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses den Antrag nachholen. Insolvenzgeld wird maximal für die letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder einem anderen Insolvenzereignis bezahlt.

Hier finden Sie weitere Informationen sowie das Formular zum Antrag auf Insolvenzgeld

Ansprechpartner

Carsten Baubkus
Geschäftsbereich: Zentrale Dienste
Recht
t: +49(0)355 365 1602
f: +49(0)355 3659 1602
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