Wasserstoff im Wankelmotor

Firmenchef Holger Hanisch im Motorenprüfstand.
© Stefan Specht
Firmenchef Holger Hanisch im Motorenprüfstand.

Die wichtigste Säule der Brandenburger Wirtschaft sind die mittelständischen Unternehmen. Einige von diesen Firmen überzeugen durch Innovation und Spezialisierungen. Sie bedienen Nischen und sind dabei sehr erfolgreich. Manchmal sind sie weltweit aktiv und zu Hause fast unbekannt. In der FORUM-Serie "Brandenburgs Beste" stellen wir solche besonderen Brandenburger Unternehmen vor. Den Artikel von Bolko Bouché zum nachlesen finden sie im E-Paper des FORUM 3/2024

Heute: Wankel SuperTech. Bereits seit 20 Jahren baut die Cottbuser Wankel SuperTech GmbH Wankelmotoren, auch für den Dieselbetrieb. Jetzt erschließt sich die Firma ein neues Geschäftsfeld. Sie baut die weltweit ersten grünen Wankelmotoren. Das könnte der Beginn einer neuen Karriere für den Wankelantrieb sein, denn bei der Verbrennung von Wasserstoff zeigt die Bauart deutliche Vorteile gegenüber dem Hubkolbenmotor.

Der technikbegeisterte Unternehmer Felix Wankel aus Baden-Württemberg erfand 1954 einen Motor völlig neuer Bauart. Er ist ein Kreiskolbenmotor. Anders als beim Hubkolbenmotor, der im Otto- und im Dieselmotor zu finden ist, kommt der Wankelmotor mit einem einzigen rotierenden Kolben aus. Dieser ist dreieckig und dreht sich in einem trochoidenförmigen Gehäuse. Die spezielle Geometrie ermöglicht das Ansaugen, Verdichten, Arbeiten und Ausstoßen in genialer Einfachheit. Der Kreiskolben läuft rund und kommt ohne Ventile oder eine Nockenwelle aus.

Dr. Holger Hanisch, Geschäftsführer Wankel SuperTech: „Ein Kreiskolben ersetzt drei Zylinder. Wir brauchen ein Drittel weniger Bauteile, dadurch wird der Wankelmotor auch kleiner, leichter und vibrationsärmer. Er ist aus dem Automobilbau nahezu verschwunden, für einige Aufgaben macht er sich aber bezahlt.“

Wankelmotoren verbrauchen mehr Treibstoff, aber bewähren sich dort, wo sie mit konstanter Geschwindigkeit laufen können, so bei der Stromerzeugung. Sie können zum Beispiel zur Reichweiten-Verlängerung in Elektroautos eingebaut werden.

Gründer Ernst Sigmund

Prof. Ernst Sigmund wechselte 1993 von Stuttgart nach Cottbus, um den Lehrstuhl Theoretische Physik der BTU Cottbus zu übernehmen. Ein Jahr später wurde er für den Bereich Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik zum Dekan gewählt. Als Rektor und Präsident der BTU Cottbus bahnte er zahlreiche Forschungsprojekte zusammen mit Wirtschaftsunternehmen an, zum Beispiel mit Rolls Royce und Vattenfall. 2002 gründete er die Firma Wankel SuperTech und holte sich den ehemaligen Wankel-Chefingenieur Dankwart Eiermann und dessen langjährigen Mitarbeiter Rudolf Klotz ins Team. Ihr Verdienst war die Entwicklung von Diesel-Wankelmotoren. Wankel SuperTec ist weltweit das einzige Unternehmen, das Dieselmotoren dieser Art produziert. Von diesen Erfahrungen mit Wankelmotoren profitiere das Team heute, sagt Geschäftsführer Dr. Holger Hanisch. Denn ihre robustere Bauart erleichterte die Weiterentwicklung für die Verbrennung von Wasserstoff.

Nachfolger Holger Hanisch

„Verkehrsmittel der Wahl war bei mir immer das Fahrrad“, erzählt Dr. Holger Hanisch. Bei seinem Jura-Studium in Augsburg war der Weg zur Fakultät immer mit einem steilen Anstieg verbunden.

Eines Tages sagte er sich: „Wie viel angenehmer wäre das Radfahren neben abgasfreien Autos.“

Bereits 1992 hatte der Student die Idee, Benzin und Diesel durch Wasserstoff zu ersetzen. Diese Idee war für ihn aber nur Plan B, falls es mit dem Jurastudium nichts werden sollte, erzählt er scherzend.

Plan B blieb in der Schublade

Das Studium war erfolgreich – zuerst in Augsburg, dann mit einem Stipendium in den USA. Er lebte mehrere Jahre in China und promovierte 2002 über chinesisches Versicherungsrecht. Dort arbeitete er an einem Rechtsreformprojekt der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und für die Deutsche Handelskammer in Peking. Als Manager internationaler Bergbaumaschinenhersteller unterstützte er den Vertrieb von Schürfmaschinen für den Untertageeinsatz im chinesischen Kohlebergbau. Er sagt: „Ich wollte die Umweltschäden durch den Kohleabbau und die Arbeitsbedingungen untertage nicht länger vertreten. Das war der entscheidende Grund, weshalb ich wieder zu meiner Wasserstoff-Idee zurückgekommen bin.“

Fahrrad mit Brennstoffzellen

Holger Hanisch gründete 2008 in seiner Heimatstadt Neuss seine erste Firma Sustamo – ein Kunstwort für Sustainable Mobility. Neben batteriebetriebenen Pedelecs, die ab 2009 in den Verkauf in Deutschland gingen, entwickelte das Unternehmen in Kooperation mit den Wasserstoff-Experten der Hochschule RheinMain ein erstes Wasserstoff-Fahrrad. Das Ped-Hy-Lec wurde durch einen herkömmlichen Elektromotor angetrieben, den Strom lieferte eine Wasserstoff-Brennzelle. Die Tanks waren auf dem Gepäckträger untergebracht. Qualitätsmängel der in China gefertigten Grundkonstruktion erforderten aber aufwändige Nachbesserungen in Deutschland.

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Das Wasserstoff-Fahrrad mit Brennzellen war die erste Erfindung von Firmenchef Holger Hanisch. (Foto: Bolko Bouché)

Hanisch hat seine ersten Entwicklungen aufbewahrt. Sie sind eine Erinnerung an die Anfänge des Wasserstoffantriebs. "Wir waren damals die ersten“, sagt er.

Der Firmengründer hatte das Rad in München und auf der IAA präsentiert und damit für große Aufmerksamkeit gesorgt. Die Nachfrage des Handels hielt sich jedoch in Grenzen. Wenn überhaupt, wollten die Händler Elektrofahrräder nur in Kommission verkaufen. Firmengründer Hanisch war seiner Zeit zu weit voraus.

Brennstoffzelle versus Verbrenner

Der Wasserstoffpionier kam zu der Erkenntnis, dass die Brennstoffzelle für den Antrieb nicht das erste Mittel der Wahl ist. Am Wasserstoff blieb er jedoch dran. Auf der Suche nach einem geeigneten Verbrennungsmotor landete er 2017 bei Wankel SuperTec in Cottbus und fand dabei heraus, dass ein Nachfolger für die Firma gesucht wurde. Firmengründer Prof. Sigmund war 2015 im Alter von 68 Jahren verstorben.

Nachfolger Hanisch war sich sicher, dass Wankelmotoren für die Wasserstoffverbrennung geeignet sein würden. Aufgrund ihrer Konstruktion kann in der Kompressionsphase des Motors der Wasserstoff mit der Reaktionsluft vermischt werden, ohne dass dort schon eine Entzündung zu befürchten ist. Der hochexplosive Wasserstoff zündet erst in der anschließenden Expansionsphase, wo das dann gewünscht ist. Nach Übernahme der Unternehmensführung 2018 begann in Cottbus die Weiterentwicklung des Wankelmotors für die Wasserstoffverbrennung.

Konventionelle Wankelmotoren

Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Die Produktion von Wankelmotoren auf Benzinund Dieselbasis musste weitergehen und wird auch in Zukunft erfolgen. Holger Hanisch gelang es, Neukunden zu gewinnen, vor allem aber die Deutsche Bahn als Kunden zu behalten. Dort werden Wankelmotoren zur Stromerzeugung in Diesellokomotiven eingesetzt. Wenn der Hauptmotor der Lokomotiven ausgeschaltet werden muss – zum Beispiel während der Standzeiten des Zuges in bebauten Gebieten – liefert ein kleiner Wankelmotor den Strom für die verschiedensten Aggregate. Mit dem Verzicht früherer Gesellschafter auf Abfindungen und einer ersten Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform fundernation.eu wurde der Weg frei für neue Investitionen. Erster Schritt zum wasserstoffbetriebenen Verbrenner war die Inbetriebnahme eines Teststandes für Wasserstoffmotoren 2019. Das war damals für alle Beteiligte Neuland, auch für die Prüfer von der DEKRA, die das Explosionsschutz-Konzept begutachteten und die Cottbuser Gesellschaft für Systemund Tankanlagentechnik mbH (GST), welche die Wasserstoffversorgung installierte. Im selben Jahr begannen die Tests mit Wasserstoffmotoren. Inzwischen hat Hanisch eine feste Zusammenarbeit mit der GST bei der Errichtung von Wasserstofftankstellen vereinbart: Wankel SuperTech kauft international die benötigten Anlagen ein, die Tankanlagenfirma projektiert die Anlagen, baut sie auf und wartet sie.

Produktion in Cottbus

Insgesamt 20 Mitarbeiter gehören zum Team von Wankel SuperTech, zwei davon in China. Das in Cottbus ansässige Unternehmen hat mit der Zhengzhou Best Leader Electrical and Mechanical Equipment Co., Ltd. einen chinesischen Minderheitsgesellschafter und plant den Bau eines Produktionsbetriebes in China. Von dort soll der chinesische und asiatische Markt bedient werden. Der Firmensitz in Cottbus wird weiter ausgebaut und wird die westlichen Märkte beliefern. Dort ist auch die Entwicklungsabteilung ansässig. Im Hightech-Bereich erwarten die Kunden europäische Standards und Dienstleistungen. Umso mehr, wenn die Motoren in Militärfahrzeugen eingebaut werden.

Wankel SuperTec investiert und wird dauerhaft in Cottbus bleiben, wie der Geschäftsführer versicherte. Der Unternehmenssitz, Werkstätten des ehemaligen NVA-Flugplatzes, wird weiter ausgebaut. Die Firma hat 2023 rund eine halbe Million Euro in moderne Maschinen investiert, darunter zwei CNC-Fräsen. Möglich wurde die Anschaffung mit einer 45-prozentigen Förderung der ILB für Investitionen in strukturschwache Regionen. Die Automaten ermöglichen die Produktion von Einzelstücken und Kleinserien. Außerdem konnte die Fertigungstiefe und damit die eigene Wertschöpfung erhöht werden. 80 Prozent der Motorenteile sind inzwischen aus eigener Produktion.

Gefragte Prototypen

Die Corona-Krise hatte ein Auftragsloch gerissen, weil es keine Messeaktivitäten gab und viele Kundenprojekte stockten. Seit 2022 läuft die Firma bei einer Millionen Euro Jahresumsatz profitabel.

Holger Hanisch berichtet: „Wir verzeichneten 2023 bei einem leichten Auftragsrückgang verstärkt Anfragen von Kunden, die wenige Prototypen zum Testen bestellt hatten. Holger Hanisch erläutert: „Das ist eine positive Entwicklung. Die Kunden bauen ihr Fahrzeug um den Motor herum und werden in den nächsten Jahren größere Stückzahlen abnehmen. Sie fragen jetzt schon, ob wir 100 und mehr Motoren im Jahr liefern können. Das wollen wir dann auch schaffen.“

Das Team

Bei etwas Großem dabei zu sein, das ist ein starkes Motiv für die Mitarbeit bei Wankel SuperTech. „Für mich waren es die spannenden Aufgaben, aber auch die regionale Verbundenheit“, sagt Maschinenbauingenieur Martin Halbasch. Er ist in Cottbus Zuhause und kam nach seinem Studium in Dresden 2020 wieder dorthin zurück. Gemeinsam mit seinem Ingenieurskollegen Maryan Mykhalyuk testet er auf einem Prüfstand Wasserstoffmotoren und schreibt ein Programm für die Motorsteuerung. Hardware und Software müssen ständig weiterentwickelt werden. Mykhalyuk ist Ukrainer, er hat an der BTU Cottbus studiert und arbeitet seit 2019 in der Firma.

Über die Hälfte der Mitarbeiter bei Wankel SuperTec sind Ingenieure, daneben gibt es Werkzeugmacher, Zerspaner und KFZ-Mechatroniker wie Marc Hoffmann. Er hat ganz klassisch in einer Autowerkstatt gearbeitet und sagt: „Mal einen ganzen Motor auseinanderbauen, wann macht man das in der Werkstatt schon? Hier baue ich einen Motor komplett neu, das ist eine ganz andere Nummer.“

Marc Hoffmann ist seit 2014 im Unternehmen. Heiko Kunert bedient die neue Fünfachser-CNC-Fräse. Die Wasserstoff-Technologie und sein brandneues Arbeitsgerät waren für ihn der Grund, zu Wankel SuperTech zu kommen.

Nadine Sommerfeld ist die bisher einzige Frau im Team. Sie ist Bürokraft mit Schwerpunkt Buchhaltung. Sie sagt: „Wenn man aus einer großen Verwaltung kommt, dann ist die Arbeit mit den Männern hier sehr entspannend. Wir haben einen tollen Chef und familienfreundliche Arbeitsbedingungen.“ Nadine Sommerfeld ist 2021 als Heimkehrerin aus Berlin wieder nach Cottbus gezogen und hat ihre Firma im September bei der Nacht der kreativen Köpfe vertreten. Sie sagt: „Viele Leute kennen unser Unternehmen nicht. Aber die meisten kannten den Wankelmotor und fanden es spannend, was wir mit Wasserstoff machen."

Zukunftstechnologie Wasserstoff

Wankel SuperTech ist Gründungsmitglied im Wasserstoffnetzwerk DurchH2atmen der IHK Cottbus. Dieses verfolgt seit 2019 das Ziel, die Energiewende und den Strukturwandel in der Lausitzregion zukunfts- und zielorientiert voranzubringen. Holger Hanisch sagt: „Wir unterstützen die Entwicklung und schätzen den Erfahrungsaustausch im Netzwerk. Es bestärkt uns in unserem Ansatz, mit Wasserstoffmotoren die Energiewende zu ermöglichen.“ Wasserstoff verbrennt in den Motoren zu reinem Wasser und hat keine schädlichen Umweltwirkungen. Die wichtigsten Entwicklungen an den Motoren sind gemacht, jetzt geht es um die Akquisition von Kunden. Die nächste große Aufgabe für das Unternehmen ist dann die Serienproduktion.

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