Wer gründen möchte, indem er ein bereits bestehendes Unternehmen übernimmt, kann in verschiedenen Foren, Webportalen, in Zeitschriften von Wirtschaftsverbänden oder auch über die bundesweite
Unternehmensnachfolgebörse nexxt-change fündig werden. Über diese Plattform werden Kontakte zwischen Unternehmen und Gründungswilligen vermittelt, die Industrie und Handelskammern sind Partner dieser KfW-Börse. Doch zunächst der Reihe nach:
Betriebsübernahme - die leichtgemachte Existenzgründung?
Neugründung und Betriebsübernahme sind zwei verschiedene Arten der Existenzgründung. Genauso wie ein Neugründer muss auch ein Nachfolger einen Businessplan erstellen. Aufgabe des Nachfolgers ist es, die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen. Das heißt, ausgehend vom gegenwärtigen Zustand des Unternehmens muss dargestellt werden, mit welchen Produkten oder mit welcher Dienstleistung man die Marktposition des Betriebes erhalten und ausbauen will. Welche Strategien sollen verfolgt werden? Um abzuwägen, welche Alternative für Sie interessanter ist -Neugründung oder Betriebsübernahme -, sollten Sie im Vorfeld Überlegungen bezüglich Ihrer Wünsche und Vorstellungen in Sachen Selbständigkeit anstellen. Können Sie Ihre Vorstellungen in einem übernommenen Betrieb langfristig realisieren? Hier sollten nicht nur unternehmerische Ziele, sondern auch Fragen bezüglich des Wohnorts oder der Form der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern gehören. Auch die betriebswirtschaftliche Sicht sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Vor- und Nachteile einer Betriebsübernahme
Bei einer Neugründung dauert es in der Regel einige Jahre, bis sich das Unternehmen etabliert hat und gute Erträge abwirft. Bei einer Übernahme liegen dem Existenzgründer von Anfang an betriebswirtschaftliche Zahlen aus der Vergangenheit vor, der Betrieb ist operativ und sollte seine laufende Kosten verdienen. Auf den ersten Blick erscheint es leichter, ein bereits bestehendes Unternehmen zu übernehmen als ein neues zu gründen. In mancherlei Hinsicht ist dies jedoch genau umgekehrt. Für einen Existenzgründer durch Übernahme gehören beispielsweise fachliches und kaufmännisches Know-how, Ausdauer, ein starker Wille sowie kommunikative und soziale Fähigkeiten ebenso, sogar ganz besonders, zu den erforderlichen Voraussetzungen. Denn: Von Anfang an muss man sein Können auf allen Schauplätzen eines bereits gewachsenen Betriebes gleichzeitig unter Beweis stellen.
Mittelständische Unternehmen sind oftmals durch ihre Besitzer geprägt, so dass sich nach der Übernahme vieles in und um den Betrieb ändert. Langjährige Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten haben sich auf diese Persönlichkeit eingestellt, so dass sich der neue Chef dieses Vertrauen erst erarbeiten muss. Oftmals ist es schwierig, in "eingefahrene" Strukturen Veränderungen einfließen zu lassen. Bei einer Betriebsübernahme sind Sie verpflichtet, die Mitarbeiter und Produkte zu übernehmen, auch wenn sie nicht in Ihr Konzept passen.
Nicht selten vernachlässigen Seniorunternehmer in den letzten Jahren ihrer Tätigkeit die Weiterentwicklung ihres Betriebes. Es stellt sich also die Frage, ob ein Investitionsstau gegeben ist. Außerdem sind Betriebsübernahmen in der Regel in absoluten Zahlen teurer. Dies ist auf die Übernahme des Kundenstamms und des am Markt bereits etablierten Namens, die höhere Erträge versprechen, zurückzuführen. Der durchschnittliche Investitionsbedarf bei Übernahmen liegt bei ca. 250.000 Euro, während der durchschnittliche Kapitalbedarf bei Neugründungen bei 100.000 Euro liegt. Hier kommen jedoch die weiteren Anlaufkosten über die nächsten Jahre hinzu, um ein ähnich aufgestelltes Unternehmen zu entwickeln wie ein bestehendes von Anfang an etabliert ist.
Vielen Altinhabern fällt es schwer, ihr Unternehmen loszulassen. Dauer und Aufgabenverteilung der Einarbeitungsphase sollten daher im Vorfeld geregelt werden.
Eine Existenzgründung durch Betriebsübernahme hat natürlich auch Vorteile:
- Das Unternehmen ist auf dem Markt bereits etabliert.
- Die oftmals schwierige Start-up-Phase einer Neugründung entfällt.
- Beziehungen zu Kunden und Lieferanten bestehen.
- Die Dienstleistung beziehungsweise das Produkt des Unternehmens ist eingeführt.
- Zweckentsprechende Räume sowie Betriebsinventar sind vorhanden.
- Die Mitarbeiter bilden ein eingespieltes Team, welches sich bereits über einen langen Zeitraum behauptet hat.
- Betriebsübernahmen werden finanziell wie eine Neugründung gefördert.
Wie kann der richtige Betrieb gefunden werden?
Bevor Sie sich auf die Suche nach einem zu übernehmenden Betrieb machen, sollten Sie einige Überlegungen bezüglich Ihres "Wunsch-Unternehmens" anstellen. Vom persönlichen Fachwissen und den Neigungen ausgehend, wird die Branche definiert, aus der Sie sich dann ein Unternehmen für die Übernahme suchen. Sie sollten sich mit der Branche und den Produkten identifizieren können. Bei den Überlegungen ist auch zu beachten, dass für den Betrieb bestimmter Unternehmen und für die Ausübung zahlreicher gewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeiten rechtliche Zugangsvoraussetzungen bestehen (etwa Meisterbrief, besondere Erlaubnisse). Eine weitere wichtige Frage ist die Frage nach dem finanzierbaren Kaufpreis. Der wird zwar maßgeblich durch die Ertragskraft des zu übernehmenden Unternehmens bestimmt, aber jeder Finanzierung bedarf auch einem gewissen Eigenkapitaleinsatz. Die Richtgröße ist: 10 bis 20% des Investitionsvolumens.
Existenzgründer, die sich für die Übernahme eines Betriebes interessieren, können die Hilfe verschiedener Einrichtungen in Anspruch nehmen, um Kontakte zu Firmeninhabern zu knüpfen, deren Betrieb zur Übergabe ansteht. Dabei sind die IHKs ein zentraler Ansprechpartner.
Neben der genannten Börse
www.Nexxt-Change.org gibt es auch auf gewerblicher Basis funktionierende Börsen. Die Art der Abwicklung ist unterschiedlich. Auch sog. Firmenmakler führen übergabebereite Unternehmer mit potenziellen Nachfolgern zusammen. Allerdings sind diese Dienste nicht kostenfrei. Das Honorar von Unternehmensmaklern beträgt durchschnittlich circa drei Prozent vom Kaufpreis des Unternehmens. Vor Inanspruchnahme eines solchen Maklers sollten Sie sich über dessen bereits erfolgreich abgewickelte Unternehmensübergaben informieren.
Banken und Sparkassen sind häufig über die Verhältnisse der Kundenbetriebe gut informiert und können vor diesem Hintergrund ebenfalls Kontakte zu Unternehmen herstellen, die zur Übergabe anstehen. Weitere Informationsquellen sind Branchenverbände.
Auf was muss ich achten?
Bei der Übernahme eines Unternehmens sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Welchen Ruf haben das zu kaufende oder zu pachtende Unternehmen und sein Eigentümer bei Kunden und Lieferanten?
- Warum will der derzeitige Eigentümer das Unternehmen verkaufen oder verpachten?
- Wie hat sich das Unternehmen in den letzten fünf Jahren hinsichtlich Gesamtumsatz, Umsatz der Einzelerzeugnisse, Gewinn oder Verlust, Rentabilität des Eigen- und Gesamtkapitals, Kundenstruktur und Konkurrenzsituation entwickelt?
- Durch welche günstigen oder ungünstigen Umstände war die Entwicklung wesentlich beeinflusst?
- Welche dieser Faktoren fallen in Zukunft voraussichtlich weg?
- Wäre bei ungünstigen Standortfaktoren eine Verlegung an einen besseren Standort ratsam oder sollte auf die Übernahme dieses Betriebes verzichtet werden?
- Liegen Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen vor?
- Sind die Abschlüsse des zu kaufenden oder zu pachtenden Unternehmens für die letzten fünf Jahre durch einen Sachverständigen zur Beurteilung des Kaufpreises oder des Pachtzinses geprüft worden?
- Die Schätzungen von Fachleuten über den Wert eines Unternehmens oder die angemessene Höhe des Pachtzinses gehen oft weit auseinander. Ist möglicherweise der Kaufpreis oder die Pacht für das Unternehmen höher als der zu erwartende Nutzen?
- Ist möglicherweise eine Leibrente aus steuerlichen Gründen vorteilhafter als ein fester Kaufpreis?
- Steht das zu kaufende Unternehmen auch tatsächlich unter dem angegebenen Firmennamen im Handelsregister?
- Bestehen Verfügungsbeschränkungen - zum Beispiel Eigentumsvorbehalte oder Sicherungsübereignungen - an Vermögensteilen, die übernommen werden sollen?
- Möchten die Beschäftigten, insbesondere die leitenden Angestellten, weiterhin mitarbeiten, gegebenenfalls unter welchen Bedingungen?
- Sind Vermieter und Verpächter mit der Fortsetzung der Miet- und Pachtverhältnisse einverstanden?
- Gibt es Verbindlichkeiten des Vorgängers, insbesondere auch solche, die nicht aus der Bilanz hervorgehen, zum Beispiel Steuerschulden oder Ruhegeldzusagen an Belegschaftsangehörige?
- Sind Gläubiger mit der Übernahme von Verbindlichkeiten einverstanden?
- Wurden zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes die Versicherer von der Übernahme des Betriebes in Kenntnis gesetzt?
Mit dem Kauf eines Unternehmens sind nicht selten schwierige Rechts- und Steuerfragen verbunden. Fehler wirken sich dabei oft langfristig aus. Einschlägige Experten sollten deshalb eingeschaltet werden.
Auch die tätige Beteiligung an einem bestehenden Unternehmen ist als erster Schritt in die Selbständigkeit anzusehen. Im Einzelnen wird es dabei auf Höhe und Wert des Anteils, den unternehmerischen Einfluss und die Perspektiven, etwa eine mittelfristige Übernahme, ankommen.
- Sind in diesem Fall Unternehmen und Beteiligungsbedingungen gründlich geprüft worden?
- Stimmt die Chemie unter den künftigen Partnern?
Die IHK Cottbus steht (demnächst wieder) mit einen "Team Unternehmensnachfolge" bereit, um Betriebe für die Nachfolge zu sensibilisieren aber auch potentielle Nachfolgende (u.a. in Form von Gründung) auf diese Möglichkeit des Einstiegs in die Selbstständigkeit zu informieren:
https://www.cottbus.ihk.de/mitgliederservice-7/unternehmensnachfolge-17.html