Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Berlin, der Deutsche Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg, die Industrie – und Handelskammern Berlin, Cottbus, Ostbrandenburg und Potsdam, die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg und visitBerlin haben sich im Herbst 2018 zu einer gemeinsamen Initiative für eine bessere internationale Flugverkehrsanbindung der Hauptstadtregion zusammengeschlossen. Mittlerweile gehören ihr auch der DEHOGA Brandenburg, der Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V., die TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, der UVB Berlin-Brandenburg und die Wirtschaftsförderung Brandenburg an. Von der Bundesregierung fordern sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Ausbau der Langstreckenverbindungen in die Region zu schaffen.
Die Hauptstadtregion Berlin Brandenburg ist eine der wachstumsstärksten Regionen Deutschlands. Berlins Wirtschaft ist seit 2005 um mehr als 30 Prozent gewachsen, Brandenburgs um 17 Prozent. Dennoch liegt Berlin im Vergleich der europäischen Hauptstädte mit seinen aktuell sechs direkten Langstreckenverbindungen gleichauf mit Kiew und weit hinter Metropolen wie London (155) oder Paris (137). Das Wachstum der Hauptstadtregion und die Bedeutung als politisches Zentrum der stärksten europäischen Volkswirtschaft bergen jedoch viel Potenzial für weitere Langstreckenverbindungen.
Peter Heydenbluth, Präsident der IHK Potsdam: "Bei der Entwicklung der Hauptstadtregion wird Brandenburg eine zentrale Rolle zukommen. Wir haben die fehlenden Flächen und auch die Verkehrsinfrastruktur für weiteres Wachstum. Der Autobahnring (A10), zahlreiche (Autobahn)- Radialen sowie das dichte Bahnnetz bilden eine gute Grundlage. Für beides, die gewerbliche Entwicklung sowie für den Wohnungsbau, stehen Flächen zur Verfügung. Brandenburg bietet hervorragende Entwicklungspotenziale über die nur wenige vergleichbare Ballungsräume in Europa verfügen. Um diese auch ausschöpfen zu können, braucht die Hauptstadtregion einen modernen Flughafen mit deutlich mehr Interkontinentalverbindungen."
Die Etablierung neuer Langstreckenverbindungen ist dabei nicht nur eine unternehmerische sondern auch eine politische Entscheidung: Luftverkehrsbeziehungen zwischen den Staaten werden überwiegend durch bilaterale Abkommen geregelt. Sie legen u.a. fest, welche Flughäfen angeflogen werden und wie oft. Langstreckenflüge stärken die wirtschaftliche Basis einer Wirtschaftsregion. Sie sind eine Voraussetzung für die Ansiedlung international ausgerichteter Unternehmen mit hoher Wertschöpfung und gut bezahlten Arbeitsplätzen.
Dr. Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin: „Von einer besseren interkontinentalen Anbindung profitiert die ganze Region: Die Etablierung neuer interkontinentaler Flugverbindungen hat für die Wirtschaft einen ähnlich positiven Effekt wie die Ansiedlung eines Großunternehmens. Es entstehen zusätzliche Arbeitsplätze, die Nachfrage steigt und damit die Bruttowertschöpfung. Fluggesellschaften wie Hainan Airlines aus China bekräftigen immer wieder ihre Bereitschaft, die Hauptstadt öfter anfliegen zu wollen, es fehlt hierzu jedoch an zusätzlichen Vertragsregelungen. Die Wirtschaft ist bereit für mehr Langstreckenverbindungen, jetzt ist die Politik am Zug.“
Forderungen an die Politik
Von der Bundespolitik fordern die Bündnispartner deshalb die Öffnung des Marktes für weitere Airlines am BER. Außerdem müssen Berlin, Brandenburg und der Bund vereint die Hauptstadtregion als unternehmerisch interessante Destination profilieren, so eine weitere Forderung der Initiative. Das Bündnis hat es sich daher zum Ziel gesetzt auf allen politischen und wirtschaftlichen Ebenen für eine bessere internationale Anbindung Berlin-Brandenburgs zu werben.
Besonders großer Nachholbedarf bei Langstreckenverbindungen nach Asien
In der Metropolregion Berlin-Brandenburg sind drei von vier Unternehmen unzufrieden bis sehr unzufrieden mit dem aktuellen Langstreckenangebot in Berlin. Bedarf besteht vor allem an direkten Verbindungen nach Asien. Die Initiative für mehr Langstreckenverbindungen hatte auf Basis einer Unternehmensbefragung sowie einer beauftragten Studie des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr e.V. (diwf e.V.) aus dem Jahr 2019 analysiert, welche aktuellen und potentiellen Langstreckendestinationen für die hiesige Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind.
Von Berlin aus werden aktuell lediglich sieben Langstrecken-Destinationen direkt angeflogen. Damit liegt Berlin im Vergleich der europäischen Hauptstädte mit direkten Langstreckenanbindungen auf Platz 20 von 26. Diese Platzierung war Anlass für eine Umfrage unter Unternehmen aus Berlin und Brandenburg zu ihren Langstreckenbedarfen. Befragt wurden 150 Unternehmen mit insgesamt mehr als 14.000 Mitarbeitern. 80 Prozent der Befragten pflegten ihre ausländischen Geschäftsbeziehungen mit dem außereuropäischen Ausland. Hochgerechnet ergab sich aus der Umfrage, dass die Unternehmen aus Berlin und Brandenburg im vergangenen Jahr 1,55 Millionen Langstreckenflüge unternahmen. Das Deutsche Wissenschaftliche Institut für Tourismusforschung e.V. kommt in seiner Analyse auf 15 potentielle Zielmärkte, die aus Sicht der Metropolregion Berlin-Brandenburg besonders attraktiv sind. Auch hier liegen elf der 15 Zielmärkte im asiatischen Raum.
Stimmen aus der Wirtschaft
Björn-Frederic Limmer, Managing Director, Limmer Laser GmbH: „Limmer Laser, das sind Lasertechnologien für den Medizinbereich, die weltweit unter dem Label „Made in Berlin“ bekannt sind. Die Attraktivität unseres Standorts ist also ebenso entscheidend für die Vermarktung unseres Produkts, wie dessen Qualität. Die geringe Zahl bisheriger Langstreckenverbindungen der Hauptstadtregion entspricht dabei so gar nicht der Reputation, die Berlin ansonsten in der Welt genießt. Wir stehen international in engem Kontakt mit Händlern, die unsere Lasergeräte vor Ort vertreiben. Die Bedeutung Berlins als wirtschaftlicher Dreh- und Angelpunkt in der Welt ist immer auch Aushängeschild für die hier hergestellten Produkte. Dies sollte sich auch in der Erreichbarkeit der Hauptstadtregion widerspiegeln.“
Claus Biernoth, Vice President Sales, First Sensor AG: „Die First Sensor AG ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern. Neben sechs Standorten in Deutschland besitzen wir Vertriebs- und Produktionsstandorte in acht verschiedenen Nationen – darunter die USA, Canada, China, Japan und Korea. Als Sensorikhersteller für die Bereich Medizin, Industrie sowie Mobilität arbeiten wir weltweit mit Kunden in High Tech Regionen wie Shenzhen, Shanghai, Montreal, Silicon Valley, Seoul und Tokio. Reisen in diese Länder sind heute sehr zeit- und kostenaufwendig. Um die Strahlkraft von Berlin nicht nur als deutscher Hauptstadt, sondern auch als internationaler Metropole und attraktivem Wirtschaftsstandort für Startups bis zu großen Konzernen nachhaltig zu stärken, braucht es dringend eine verbesserte Anbindung an weltweite Ziele. Infrastruktur, die den Anforderungen an modernes Arbeiten und Reisen genügt, ist ein wesentlicher Faktor, um Attraktivität für die Ansiedlung neuer Unternehmen auszustrahlen.“
Gerald Rynkowski, Managing Director, Veinland GmbH, Seddiner See: „Langstreckenflüge sind für uns unverzichtbar. Mehr direkte Interkontinentalverbindungen würden unsere Arbeit enorm erleichtern, indem wir Reisezeit sparen und damit effizienter werden. Gerade die häufigen Umstiege und die damit verbundenen Wartezeiten auf anderen Flughäfen behindern uns dabei spürbar. Deshalb setze ich mich gemeinsam mit der IHK Potsdam für mehr Langstreckenverbindungen am zukünftigen BER ein. Wir sind ein technologieorientiertes und international ausgerichtetes Unternehmen aus der Hauptstadtregion. An unserem Firmensitz in Neuseddin beschäftigen wir 40 Mitarbeiter - rund die Hälfte sind Ingenieure. Wir entwickeln Hard- und Softwarelösungen für Container-, Marine-, Forschungs- und Kreuzfahrtschiffe. Messen, Kundenbesuche und die Mitarbeit in internationalen Schifffahrtsgremien finden rund um den Globus statt, und Asien ist für uns der wichtigste Markt und das gefragteste Ziel, denn da wird der Großteil der Schiffe der Welt gebaut und ausgerüstet. Deutsches Know-how ist überall gefragt, so dass meine Mitarbeiter und ich viel unterwegs sind. Persönliche Präsenz und menschliche Kontakte sind in der Wirtschaft unverzichtbar und lassen sich nicht immer durch Telekommunikation ersetzen.“