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Ausbildungsberatung
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Ausbildungsvergütungen können nicht freihändig vereinbart werden, sondern unterliegen rechtlichen Mindestanforderungen. Hier finden Sie einen Überblick, was bei der Berechnung der Vergütungshöhe zu beachten ist.
Beim Abschluss von Berufsausbildungsverträgen gelten unterschiedliche Mindestgrenzen für die Ausbildungsvergütungen (nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 17 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz - BBiG; vgl. grundlegend BAG, Urteil vom 25.07.2002 - 6 AZR 311/00):
Tarifliche Ausbildungsvergütung muss gezahlt werden, wenn der Ausbildungsbetrieb Mitglied in der für sein Gewerk zuständigen Arbeitsgeberverband/Innung ist, welche mit einer Gewerkschaft - im Rahmen eines Tarifvertrages - Ausbildungstarife festgelegt hat.
Nach Tarif muss ebenfalls gezahlt werden, wenn ein Branchentarifvertrag durch das Bundes- oder Landesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt worden ist - auch wenn keine betriebliche Tarifbindung besteht (z.B. im Sicherheitsgewerbe). Vielen betroffenen Arbeitgebern ist nicht bewusst, dass sie sich an einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag halten müssen.
Abweichungen zum Nachteil des Auszubildenden sind nur möglich, wenn der Tarifvertrag eine sogenannte Öffnungsklausel enthält. Das ist beispielsweise im Tarifvertrag für den Einzelhandel in Berlin und Brandenburg vorgesehen, der gestaffelt nach Beschäftigungsgröße für kleinere Betriebe prozentuale Abweichungen nach unten erlaubt („Mittelstandsklausel"). In anderen Branchen wurden während der Wirtschaftskrise Öffnungsklauseln vereinbart, um Engpässe abzufedern und Arbeits- bzw. Ausbildungsplätze zu erhalten.
Tariferhöhungen während der Ausbildungszeit kommen dem Auszubildenden zu Gute.
Auch wenn keine Tarifbindung bzw. kein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag besteht, bestimmt sich die rechtlich verbindliche Untergrenze der Ausbildungsvergütung grundsätzlich nach der Branchenzugehörigkeit des Ausbildungsbetriebes. Kann ein branchenspezifischer Tarif ermittelt werden, darf der nichttarifgebundene Ausbildungsbetrieb die tarifliche Ausbildungsvergütung um 20 Prozent (plus gegebenenfalls Abweichung nach Öffnungsklausel) unterschreiten. Absolute Untergrenze ist jedoch die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung.
Seit dem 1. Januar 2020 gilt die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung. Ausbildungsbetriebe müssen ihren Auszubildenden - wie schon bisher - eine angemessene Vergütung zahlen, die mit fortschreitender Ausbildung, mindestens jährlich, ansteigen muss. Für Lehrverträge, die seit dem 1. Januar 2020 beginnen, gilt nunmehr jeweils für das erste Ausbildungsjahr folgende gesetzliche Mindestausbildungsvergütung (siehe link).
Tarifverträge für Angemessenheit der Vergütung maßgeblich.
Für die Frage, ob und inwieweit die Ausbildungsvergütung die Mindestvergütung übersteigen muss, um angemessen zu sein, muss man sich wie bisher an den einschlägigen tariflichen Vergütungsregelungen orientieren. Das Gesetz enthält aber nun erstmals eine Konkretisierung. Insoweit übernimmt der Gesetzgeber die sogenannte 20-Prozent-Regel der Rechtsprechung. Das heißt, besteht keine beiderseitige Tarifbindung, ist die Ausbildungsvergütung nicht mehr angemessen, wenn sie zwar über der gesetzlichen Mindestvergütung liegt, aber um mehr als 20 Prozent niedriger ist als die in einem einschlägigen Tarifvertrag festgelegte Vergütung.
Wird im Berufsausbildungsvertrag eine Ausbildungsvergütung unterhalb der dargestellten Mindestgrenzen vereinbart, darf die Kammer den Berufsausbildungsvertrag nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eintragen (vgl. § 35 BBiG).
Wird eine zu niedrige Ausbildungsvergütung gezahlt, kann der Auszubildende noch drei Jahre nach Ausbildungsende seinen Ausbildungsbetrieb auf Zahlung der vollen tariflichen Ausbildungsvergütung in Anspruch nehmen – selbst wenn er sich zunächst mit der niedrigen Vergütungshöhe einverstanden erklärt hatte. Den sonst bei nichttarifgebundenen Unternehmen möglichen Abzug von 20 Prozent unter Tarif lassen die Arbeitsgerichte dann nicht mehr zu.
Unabhängig davon kann die Landesversicherungsanstalt die höheren Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend bis zu vier Jahren - bei vorsätzlicher Nichtbeachtung eines Tarifvertrages sogar bis zu 30 Jahren – nachfordern.
Schließen Ausbildender und Auszubildender einen Ausbildungsvertrag, der zwar bei der zuständigen Kammer eingetragen werden soll, dessen Vergütung aber weder gezahlt noch abgerechnet wird, handelt es sich um einen Scheinvertrag. Das hat das Sächsische Landesarbeitsgericht im Fall eines Kfz-Unternehmers entschieden, der mit seinem Lehrling zwei unterschiedliche Ausbildungsverträge schloss.
Ein Vertrag beinhaltete zu niedrige, nach dem Berufsbildungsgesetz nicht mehr angemessene Ausbildungsvergütungen für die jeweiligen Ausbildungsjahre. Später schloss er einen zweiten Vertrag mit Ausbildungsvergütungen in gesetzlich zulässiger Höhe ab, die aber noch immer nicht die tariflichen Sätze erreichte. Nur diesen zweiten Vertrag ließ er bei der Kammer registrieren, während er die Abrechnung und Zahlung nach dem ersten Vertrag vornahm.
Im dritten Lehrjahr wurde das Ausbildungsverhältnis durch Vergleich aufgelöst. Der Lehrling verlangte anschließend die Differenz zum tariflichen Ausbildungslohn. In seiner Begründung verweist das Gericht darauf, dass bei Unterschreiten von 80 Prozent der tariflichen Ausbildungsvergütung die gesetzlich vorgeschriebene Angemessenheit (vgl. Paragraph 17 Abs. 1 BBiG) nicht mehr gegeben sei. Zudem sei der zweite Ausbildungsvertrag ein Scheingeschäft gewesen (vgl. Paragraph 117 BGB), weil er nur zur Vorlage bei der Kammer gedient habe, aber nicht zum Vollzug. Geschuldet sei stattdessen die tarifliche Ausbildungsvergütung.
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