Pfandboxen statt Müllberge - bei uns schon lange!

Alexander Schömmel (r.) vom Bioladen Schömmel bietet bereits seit 2017 Speisen in Mehrwegbehältnissen an.
© Bioladen Schömmel
Alexander Schömmel (r.) vom Bioladen Schömmel bietet bereits seit 2017 Speisen in Mehrwegbehältnissen an.

Im Bistro „Sebastian's“ in Cottbus ist es schon seit vier Jahren Usus: Salate, Pastagerichte, Gemüse, Nüsse, Feta oder alles, was sonst in dem beliebten Laden zubereitet wird und für den Verzehr außer Haus das Restaurant verlässt, wird in Einweckgläsern abgepackt.

„Mir waren die Müllberge schon immer ein Dorn im Auge“, sagt der Inhaber Sebastian Drogott. Daher hat er die Mehrwegbehältnisse angeschafft und gibt darin Kunden Leckereien gegen eine Pfandgebühr von drei Euro mit. „Natürlich gab es da erst Reibungspunkte, aber keine, die nicht mit Durchhaltewillen auszuräumen gewesen wären“, weiß der 37-Jährige.

Ähnlich wie im „Sebastian‘s“ soll es im Grunde schon seit Beginn des Jahres überall in der Bundesrepublik zugehen. Seither darf es Speisen zum Mitnehmen eigentlich nicht mehr nur allein in Einweg-Kunststoffverpackungen geben. Wer Gerichte oder Getränke verkauft, auch über Lieferdienste und als Caterer, muss eine Mehrwegalternative im Programm haben. Das betrifft neben Restaurants, Bäckereien und Konditoreien auch Lebensmittelläden sowie Fleischer mit Imbissangeboten zum Mitnehmen. Sie alle müssen nun auch Mehrwegbehälter anbieten oder es akzeptieren, wenn der Kunde seine eigenen Becher oder Dosen für die Nahrungsmittel mitbringt. Viele Gastronomen sehen aber in den neuen Auflagen zunächst einmal den Mehraufwand, und Behörden klagen über nicht vorhandene Ressourcen, die Einhaltung der Vorgaben auch prüfen zu können.

Dringender Handlungsbedarf

Gleichwohl sieht aber nicht nur die Politik dringenden Handlungsbedarf angesichts von täglich 770 Tonnen Abfall allein an Einwegverpackungen durch den To-go-Sektor in Deutschland. Hochgerechnet auf das Jahr ergeben sich daraus mehr als 280.000 Tonnen Abfall. Dass eine Mehrwegpflicht auch noch für ganz andere Bereiche wie das Stadtmarketing genutzt werden kann, zeigen Beispiele aus Städten wie Leipzig und Chemnitz, die in der Region der Cottbuser Industrie- und Handelskammer (IHK) als Vorbild angesehen werden.

„Der Gesetzgeber will Verpackungsmüll in den Griff kriegen, das finden auch wir richtig“, sagt Dorit Köhler, Leiterin des Geschäftsbereichs Innovation und Nachhaltigkeit der IHK Cottbus. Wichtig sei, dass die Unternehmen die Umsetzung „als Chance begreifen und so ihr eigenes Image nachhaltig aufpolieren können“.

Nachhaltigkeit ist großes Anliegen

Für Letztvertreiber von Lebensmitteln im unmittelbaren Verzehr oder von Einwegbechern mit Getränken gibt es zunächst einmal unterschiedliche Umsetzungsregeln der Mehrwegpflicht. Sie richten sich nach der Größe des jeweiligen Unternehmens. Liegt die Verkaufsfläche eines Betriebs mit maximal fünf Mitarbeitenden unter 80 Quadratmetern, kann die Auflage auch umgesetzt werden, indem Speisen und Getränke in Behälter abgefüllt werden, die der Kunde selbst mitbringt. Größere Firmen müssen ein Mehrwegsystem anbieten.

Auch für Alexander Schömmel vom gleichnamigen Bioladen in Cottbus ist „Nachhaltigkeit ein Anliegen“. Der Anbieter kompletter Gerichte sowie von Obst, Gemüse und Milchprodukten bietet schon seit 2017 seine Speisen, sofern sie nicht vor Ort verzehrt werden, in Mehrwegbehältnissen plus Pfand an.

Manche Kunden monierten zwar anfangs zusätzliche Wege wegen des Zurückbringens der Pfandboxen, „zeigten aber schließlich Wohlwollen“, wie Schömmel sich erinnert. Während im „Sebastian's“ Weckgläser genutzt werden, setzt Schömmel auf Kunststoff-Mehrwegboxen des Recup/Rebowl-Systems. Das Münchner Unternehmen firmiert mittlerweile als größtes Mehrwegsystem Deutschlands für die Gastronomie. Für Schömmel war es zum Start seines Mehrwegangebots einer der wenigen schon damals flächendeckend verfügbaren Anbieter und er möchte auch bei diesem bleiben. „Für die Kunden ist das jetzt schon Gewohnheit“, sagt der Bioladenbetreiber.

Regionale Anbieter mit ins Boot holen

Auch andere Unternehmen in der Region, die Speisen und Getränke vertreiben, nutzen diesen Anbieter, dessen Produkte bundesweit an über 20.000 Ausgabestellen präsent sind. Es gibt auch Alternativen wie Vytal, die mit rund 5.000 Partnern kooperieren, oder auch FairCup. Dorit Köhler von der IHK Cottbus setzt auch darauf, regionale Anbieter „mit ins Gespräch zu bringen“, ohne dass die Kammer dabei allerdings eine Präferenz für ein System zeigen will. Seit Anfang des vergangenen Jahres vertreibt etwa die in Wildau (Dahme-Spreewald) ansässige Pfabo GmbH selbst entwickelte Pfandboxen und beliefert unter anderem 66 Filialen der Biosupermarktkette Bio Company. 16.000 nach PFABO-Vorgaben und mit eigenen Werkzeugen produzierte Behälter sind bereits im Umlauf. Die 2022 als „Existenzgründerin des Jahres in Brandenburg“ ausgezeichnete Initiatorin Juliane Spieker sieht sich der zeit selbst „nach Partnern in Cottbus und Südbrandenburg um“, um die neue Mehrwegpflicht weiter voranzubringen.

Stadteigene Symbole auf Pfandbechern

Nicht nur „ökologisch schneller agieren“, sondern so auch das Image der Stadt Cottbus voranbringen, möchte Thomas Diekmann, Manager des dortigen TKC Einkaufscenters mit sechs dazugehörigen Gastronomiebetrieben, mittels der Mehrwegpflicht. Er führt Gespräche unter anderem auch darüber, Pfandbehältnisse und Stadtmarketing zu verbinden. Das haben Kommunen wie Leipzig und Chemnitz bereits vorgemacht. Für beide Städte wurde ein Pfandbechersystem entwickelt, das stadteigene Symbole für die eingeführten Mehrwegbehälter nutzt, um gleichzeitig Stadtwerbung zu betreiben. In Leipzig ist aus der vom dortigen BUND gestarteten Initiative mittlerweile ein von der Stadt mit Fördermitteln gestütztes Projekt „Mehrweg To go“ geworden, das Gastronomie- und Lebensmittelbetriebe bei der Umsetzung der neuen Mehrwegpflicht umfassend beraten und teils finanziell unterstützen soll. Für ein Cottbuser Modell möchte Diekmann eventuell noch andere Partner wie Versicherungen und die Stadtverwaltung mit ins Boot holen, die auf den Mehrwegbehältern für sich werben könnten.

Dort gibt es offene Ohren für ein mögliches Kooperationsprojekt. „Wir sprechen mit der IHK, Gastronomen und anderen über ein mögliches Gemeinschaftswerk“, sagt Stephan Böttcher, Fachbereichsleiter Umwelt und Natur bei der Stadtverwaltung.

Ein Beispiel dafür könne Chemnitz sein. Dort startete im vergangenen Sommer in der Innenstadt ein Mehrwegbechermodell, das nun im Zuge der Ernennung zur Kulturhauptstadt 2025 auf die Region ausgedehnt werden soll.

Auch in der Eventbranche ein Thema

Die Mehrwegpflicht ist natürlich auch in der Eventbranche ein Thema. Klimabewusste Veranstalter von Stadtfesten oder Weihnachtsmärkten setzen teils schon länger auf wiederverwertbares Geschirr. So hat etwa die Coex Veranstaltungs GmbH & Co. KG schon vor zwei Jahren damit begonnen, „die Müllvermeidung in Angriff zu nehmen“, wie Geschäftsführer Eberhard Heieck sagt.

Das Cottbuser Unternehmen organisiert jährlich etwa 50 Veranstaltungen vor allem in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, auf denen mitunter 30 bis 40 Gastronomiebetriebe aktiv sind. So seien schon damals Hartplastik- und Keramikbecher mit Stadtlogos entwickelt worden, die weiter als Pfandgeschirr gebraucht werden. Von insgesamt 15.000 vertriebenen Behältern sind rund 8.500 immer noch im Einsatz.

Der Artikel von Gerald Dietz erschien im FORUM 3/2023

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