
Pressearbeit
t: +49(0)355 365 2403
f: +49(0)355 3659 2403
janine.mahler@cottbus.ihk.de
Mehr als 470.000 Elektroautos wurden im vergangenen Jahr in Deutschland neu zugelassen, 32 Prozent mehr als im Vorjahr. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Pkw-Neuzulassungen ist 2022 auf 17,7 Prozent gestiegen. Rechnet man die Plug-In-Hybride hinzu, sind es sogar schon 31,4 Prozent. Die Energiewende im Verkehrssektor nimmt Fahrt auf und das Land Brandenburg hat einen wesentlichen Anteil am Umsteuern in Richtung Elektromobilität – nicht nur mit der Niederlassung des E-Auto-Produzenten Tesla in Grünheide. Auch für die Produktion und das Recycling von Batterien wird das Land zu einem wichtigen Standort. In Brandenburg entwickelt sich damit eine geschlossene Wertschöpfungskette für diesen Industriezweig. Die Landesregierung in Potsdam hat Brandenburg bereits zum „Land der E-Mobilität“ ausgerufen. Damit die Umrüstung der Fahrzeugflotte auf den neuen Antrieb innerhalb weniger Jahrzehnte vonstattengehen kann, müssen sehr große Kapazitäten aufgebaut werden – in der Batterieproduktion und im Recycling der Ausgangsstoffe. Insbesondere das für die Lithium-Ionen-Akkus notwendige Lithium ist ein knapper Rohstoff. Nur eine Rückgewinnung der Ausgangsstoffe macht den batterieelektrischen Antrieb nachhaltig.
Der Anfang ist bereits gemacht. In Schwarzheide will BASF noch in diesem Jahr eine Pilotanlage zum Batterierecycling in Betrieb nehmen, bis Mitte des Jahrzehnts soll eine großtechnische Anlage folgen. Neben Lithium werden auch zum Beispiel Mangan, Kobalt und Nickel aus den verbrauchten Batteriepacks zurückgewonnen. In Guben will das chinesische Unternehmen Botree Cycling ab 2025 ebenfalls mit dem Recycling von ausgedienten Batterien beginnen. Daneben sind in Guben, Lauchhammer, Schwarze Pumpe und Ludwigsfelde Anlagen zur Batterieproduktion im Bau oder in Planung.
Dr. Steffen Kammradt, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Brandenburg, sieht die Tesla-Ansiedlung in Grünheide als den bislang größten wirtschaftlichen Erfolg für Brandenburg. Sie war die Initialzündung für eine außergewöhnliche Entwicklung im Bereich der E-Mobilität – nicht nur im Osten Brandenburgs. Im Interview mit FORUM gibt er einen Einblick in die Zusammenhänge
FORUM: Rock Tech, Microvast, BASF – in Brandenburg steigen immer mehr Unternehmen in die Produktion oder das Recycling von Batterien ein. Erleben wir gerade den Tesla-Effekt?
DR. STEFFEN KAMMRADT: Absolut. Wenn Sie sich hier in meinem Büro umschauen, sehen Sie zwei alte Wandkalender, die man selbst drehen muss, damit sie das neue Datum anzeigen. Der eine ist aus Schwarzheide aus den 60er-Jahren, der andere zeigt den berühmten Turm auf dem Veritas-Gelände in Wittenberge. Aber beide zeigen nicht das heutige Datum an. Der eine zeigt den 12. November 2019 – das war die Grünheide-Bekanntgabe von Elon Musk. Der andere zeigt den 22. März 2022. Das war der Produktionsstart bei Tesla. Das sind beide die wichtigsten Daten für die Brandenburger Wirtschaftsförderung.
FORUM: Gibt es einen dritten Kalender mit dem Tag, an dem klar wurde, dass Tesla die Batterieproduktion in Grünheide erst einmal auf Eis legt?
DR. STEFFEN KAMMRADT: Nein, wir als Wirtschaftsförderung haben an der Batteriefabrik keinen Zweifel. Batterien werden gebraucht, wenn in Grünheide die Autoproduktion immer weiter hochgefahren wird. Im Moment erleben wir einfach, dass Zeitpläne zwischen den Gigafactorys von Tesla ausjustiert werden. Veröffentlichungen zufolge hat das Werk bereits die Stückzahl von 3.000 Autos pro Woche erreicht. Das soll noch gesteigert werden.
FORUM: Der Tesla-Effekt lebt also weiter?
DR. STEFFEN KAMMRADT: Mehr als das: Wir erleben einen vierfachen Tesla-Effekt. Der erste Effekt ist Tesla selbst. Das ist die größte Investition seit der Wiedervereinigung in Ostdeutschland, vermutlich in ganz Deutschland. Wir gehen im Moment bereits von einer Zahl von mehr als 7.000 Jobs in Grünheide aus. Was wichtig ist – das wissen wir von der Arbeitsagentur in Frankfurt (Oder): Mehr als 1.000 Menschen konnten aus der Arbeitslosigkeit heraus vermittelt werden. Das kennen wir so von keinem anderen Projekt. Und etwa die Hälfte davon kommt aus der Langzeitarbeitslosigkeit. Da haben Menschen eine völlig neue Jobchance bekommen. Bei voller Auslastung des Werks sind 12.000 Jobs geplant. Solch eine Dimension hatten wir noch nie. Der zweite Tesla-Effekt ist die Lieferkette für Tesla. Der dritte Effekt ist die Wertschöpfungskette. Sie ist breiter als die Kette der Zulieferer und umfasst die sich rasant entwickelnde Branche der Batterietechnik und Elektromobilität im Land. Und der vierte Effekt ist ein indirekter, der aber eine große Rolle spielt. Es ist die deutlich positiv veränderte Wahrnehmung des Standorts Brandenburg – national und international. Wir erleben in vielen Ansiedlungsgesprächen, wie positiv die Tesla-Ansiedlung wahrgenommen wird. Und das auch bei Unternehmen aus völlig anderen Branchen. Brandenburg profitiert also gleich vierfach von Tesla.
FORUM: Wen sehen Sie als Teil der Wertschöpfungskette?
DR. STEFFEN KAMMRADT: Brandenburg bildet Schritt für Schritt den kompletten Produktionskreislauf von Batterien ab. Rock Tech Lithium in Guben will den nötigen Rohstoff für Kathodenmaterial liefern. Altech im sächsischen Teil von Schwarze Pumpe, in Spreetal, plant die zweite Komponente: das Anodenmaterial. Spreetal liegt zwar in Sachsen, aber wir freuen uns genauso über diese Ansiedlung, denn Kathode und Anode werden beide für die Batterie gebraucht – und beides ist künftig „Made in Lausitz“. BASF in Schwarzheide geht den nächsten Schritt der Prozesskette mit der Produktion von Kathodenmaterial und steigt außerdem ins Batterierecycling ein. SVOLT aus China will in Lauchhammer Batteriezellen fertigen, das US-amerikanische Unternehmen Microvast in Ludwigsfelde liefert schließlich fertige Batteriemodule für Lkw und Nutzfahrzeuge. Ganz aktuell zeigt Botree Cycling, ein chinesisches Unternehmen für Batterierecycling, Interesse an einer Ansiedlung in Guben. Das wäre die erste europäische Fertigung von Botree überhaupt. Das Spannende ist: Dies alles hat sich erst in den letzten drei Jahren – also nach dem 12. November 2019 – entwickelt.
FORUM: Was macht Brandenburg für asiatische Produzenten so interessant?
DR. STEFFEN KAMMRADT: Brandenburg wird als ein neues Zentrum moderner Industrie wahrgenommen. Als ein Standort, der bewusst Ja sagt zu Industrie – moderne, innovative und saubere Industrie. Das finden Unternehmen nicht überall. Firmen merken sehr schnell, wie sie empfangen werden. Der zweite Punkt: Brandenburg punktet mit Geschwindigkeit. Spätestens seit dem Tesla-Verfahren soll niemand erzählen, Verwaltungen seien langsam. Und schließlich ist Brandenburg ein Industrieland mit erneuerbaren Energien. Das ist extrem reizvoll für den heutigen Anspruch von moderner Industrie.
Lesen Sie das komplette Interview im E-Paper FORUM 1-2|2023
Einen Überblick über die Batterieproduktion im Land Brandenburg erhalten Sie im Artikel Kraftpakete für die Antriebswende
Für die korrekte Funktion des Formulars müssen Sie den reCaptcha Cookie in Ihren Cookie-Einstellungen akzeptieren.
Ihr Browser lädt die Seite für Sie neu, wenn Sie ihn akzeptieren. Danach ist eine Anmeldung über das Formular möglich.