Energiepreise: Brandenburger IHKs wenden sich an Bundeswirtschaftsminister Habeck

Für Unternemhen kann die Steigerung der Energiekosten die Existenz bedrohen.
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Für Unternemhen kann die Steigerung der Energiekosten die Existenz bedrohen.

08.02.2022 | Die brandenburgischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) haben sich im Vorfeld des morgigen Sondertreffens der Energieminister der Länder im Interesse der regionalen Wirtschaft an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gewandt mit der Aufforderung, schnellstmöglich geeignete Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise zu ergreifen. 

Carsten Christ, Präsident der IHK Ostbrandenburg und Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Brandenburger IHKs: „Die Auswirkungen der Pandemie auf die Unternehmen sind nach wie vor spürbar. Hinzu kommen die seit Monaten dramatisch steigenden Energiekosten, die jetzt dazu führen, dass erste Produktionslinien wieder stillgelegt werden, Kurzarbeit eingeführt wird, Unternehmen sogar Beschäftigte entlassen oder in die Zahlungsunfähigkeit geraten. Kleine wie auch größere Unternehmen haben immense Schwierigkeiten mit der Kostenplanung, auch weil Energieversorger Insolvenz anmelden mussten und verlässliche Angebote fehlen.” 

Die massiv gestiegenen Preise entlang der gesamten Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette könnten nur teilweise an die Kundschaft weitergegeben werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sei ernsthaft bedroht und die so nötigen Investitionen in den Klimaschutz erfahren aufgrund der Lage einen herben Rückschlag. 

Christ weiter: „Wir brauchen dringend eine Deckelung der Energiepreise und eine Entlastung für die Unternehmen. Ein Unterstützungsangebot für bereits in Not geratene Unternehmen, das direkte Hilfszahlungen ermöglicht, wäre ebenso wichtig.“  

Die umgehende Herauslösung der EEG-Umlage aus dem Strompreis würde vor allem kleinen und mittleren Betrieben sehr helfen. Neben der Senkung von Steuern und Abgaben müsse dringend eine vorübergehende Aussetzung der CO2-Bepreisung in Betracht gezogen werden.  Diese hätte unmittelbare Effekte auf den Strom- und Gasmarkt, so der IHK-Präsident. 

Zahlreiche Unternehmen haben sich bereits an die Kammern gewandt.  

Stimmen aus der Unternehmerschaft 

Achim Ungerer, Leiter Geschäftsbereich Automotive, FEURER Febra GmbH, Schwarzheide: 

„Nach zwei Krisenjahren mit wochenlangem Produktionsstillstand und fortdauernder Kurzarbeit befinden wir uns mit den aktuellen Energiepreisen in einer Situation, die für unser Unternehmen existenzbedrohend ist. Durch die Verdreifachung der Energiepreise in den letzten Monaten ist es nicht möglich, unsere Produkte unter den geltenden Verkaufspreisen herzustellen. Preissteigerungen sind bei unseren Kunden nicht möglich, da auch diese um ihr Überleben kämpfen. Geplante Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz können wir uns aktuell nicht leisten, da dafür schlicht kein Geld vorhanden ist. Ohne eine sofortige Reduzierung der aktuellen Steuern und Abgaben auf Gas und Strom werden alle 100 Arbeitsplätze an unserem Standort dauerhaft verloren gehen.“ 

 René Kräft, Inhaber, GetränkePartner H. Kräft & Sohn GbR, Bad Belzig:

„Wir hatten unsere Heizung komplett modernisiert, und nun bekommen wir mehr als eine Verdopplung des Gaspreises, weil unser kommunaler Energieversorger Insolvenz anmelden musste. Das muss unausweichlich unsere Kundschaft treffen, denn auch wir müssen nun unsere Preise erhöhen. Ein Kasten Wasser wird also demnächst schon vom Hersteller einen Euro teurer, unser Lieferant packt noch einmal 20 Cent obendrauf und wir müssten dasselbe auch tun, um unsere künftigen Kosten decken zu können. Es ist zu befürchten, dass wir als kleines Familienunternehmen damit kaum noch marktfähig bleiben können.“

Karsten Kruschke, Geschäftsführer, Die Blechprofis Kruschke GmbH, Hennigsdorf: 

„Die hohen Energiepreise sind das eine. Eine große Ungerechtigkeit sind die hohen Unterschiede in den Leitungsentgelten. Die hiesigen Leitungsentgelte sind an unserem Standort teilweise so hoch wie andernorts die gesamten Stromkosten. Wir haben uns bewusst für Grünstrom entschieden. Warum müssen wir die Umlage für den Ausbau der Erneuerbaren zahlen, die wir im Tarif abermals bezahlen?“

Ulrich Jahn, Leiter Entwicklung, B.O.S. Keramik Velten, Velten: 

„Als kleines Unternehmen mit 5 Mitarbeitern profitieren wir nicht von der Befreiung der EEG-Umlage. Die aktuell bestehenden Energieverträge retten unsere energieintensive Produktion. Würden wir die Stromlieferungen heute neu verhandeln müssen, zum Beispiel weil der Energieanbieter Insolvenz anmelden muss, müssten wir angesichts der aktuellen Preise die Produktion einstellen. Zuliefernde Unternehmen, zum Beispiel Ziegeleien, haben ihre Produktionslinien zum Teil schon runtergefahren beziehungsweise eingestellt, da parallel auch der Gaspreis enorm gestiegen ist. Die Alternative wären Preissteigerungen um 300 bis 500 Prozent, die vom Endkunden nicht mehr getragen werden können.“

Sylvio Antmann, Geschäftsführer Möller Druck und Verlag GmbH, Ahrensfelde: 

„Unser Energielieferant hat uns kurz vor Weihnachten die Kündigung der Stromversorgung zugeschickt und ist danach in die Insolvenz in Eigenverwaltung gegangen. Ab 1. Januar 2022 sind wir damit in die Ersatzversorgung gerutscht und zahlen derzeit um ein Vielfaches mehr an Kosten, die unseren Kunden nicht einfach weiterzugeben sind. Denn auch unsere Papierzulieferer haben durch die Energieproblematik die Papierpreise dramatisch erhöht. Wir stehen mit dem Rücken an der Wand. Die Politik muss hier schnellstens handeln, wenn der Klein- und Mittelstand nach der überstandenen Corona-Krise noch eine Chance haben soll. Wir brauchen Unterstützung, heute !!!, und nicht erst in ein paar Wochen, wenn es vielleicht schon zu spät ist."

Marita Blum, Inhaberin, Gaststätte "Zum Rasselbock”, Boitzenburger Land:

„Wie von der Politik empfohlen, haben wir fortlaufend Preisvergleiche angestellt und uns für scheinbar solide und nicht die preiswertesten Stromanbieter entschieden. Die nunmehr vom Anbieter verlangte Verdopplung der Strompreise bei geringerem Verbrauch ist so nicht hinnehmbar und völlig unverständlich. Als kleines Familienunternehmen können wir nicht ohne Folgen alle Erhöhungen auf unsere preissensiblen Kunden durchreichen."  

Christian Kühnel, Geschäftsführer, Lausitzer Stahlbau Ruhland GmbH: 

"Aufgrund der Preissteigerungen im Energiesektor, teilweise um das Drei- bis Vierfache, kämpfen wir mit massiven Kostensteigerungen. Diese können wir aber nur bedingt an unsere Kunden weitergeben. Der negative Effekt entlang der Wertschöpfungskette wird noch dadurch verstärkt, dass unsere Lieferanten die stark gestiegenen Preise für Energie und Rohstoffe auf unsere Vorprodukte umlegen. Im Vergleich zu 2020 sprechen wir hier von Steigerungen um bis zu 150 Prozent! Diese Entwicklung muss schnellstens gestoppt werden, sonst werden geplante Projekte eingestellt oder ins Ausland vergeben. Kein ökonomisch wirtschaftender Kunde ist bereit, diesen exorbitanten Aufpreis zu zahlen, wenn er im Ausland günstiger einkaufen kann. Wir fordern daher, dass die Politik schnell handelt und umgehend Kompensationsmöglichkeiten schafft, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen abzusichern." 

Geschäftsführung der Eisenbahngesellschaft Potsdam mbH, Putlitz: 

„Unsere Stromkosten inklusive aller Abgaben sind im Vergleich zum Vorjahr aktuell doppelt so teuer und weitere Erhöhungen sind zu erwarten. Wir überlegen momentan, ob wir wieder stärker auf Diesellokomotiven setzen, um unsere Produkte preisstabiler anbieten zu können. Für den Klimaschutz wäre das fatal und ein großer Rückschritt. Die aktuelle Situation kann für uns zu einem Rückgang in der Produktion, zu Umsatzverlusten und auch Personalabbau führen. Es gibt viele Punkte, die helfen können, die Situation für Unternehmen zu entspannen. Dazu zählen der Abbau von Abgaben und Forderungen, die staatliche Förderung beim Einkauf von Grünstrom, die Inbetriebnahme von Nordstream II oder im Falle von Verkehrsunternehmen die erneute Trassenpreisförderung.“

Jens Zschaler, Geschäftsführer, GMB GmbH, Senftenberg:

„Aufgrund längerfristig geschlossener Stromverträge wirken sich die gestiegenen Preise am Energiemarkt noch nicht in vollem Maße bei uns aus. Bei kürzlich neu abgeschlossenen bzw. verlängerten Verträgen sind die Preissteigerungen hingegen deutlich spürbar durch Preisaufschläge um bis zu 60 Prozent. Die Kostenwirkungen sind nur teilweise und zugleich auch nur zeitlich versetzt an unsere Kunden weiterreichbar. Parallel werden permanent Maßnahmen zur Reduzierung des Energieeinsatzes geprüft und umgesetzt. In Anbetracht der aktuellen Energiepreisentwicklung sollten die staatlichen Umlagen und Steuern auf Energie mindestens nach Inhalt und Höhe geprüft werden. Darüber hinaus sollte der Umbau des deutschen Energiesystems mit Blick auf damit verbundene signifikante Kostensteigerungen - Stichwort „Grüne Inflation“ - auf Seiten von Industrie und Endverbraucher mit konzentriertem Augenmerk durch alle Stakeholder konsequent weiterverfolgt und Einfluss genommen werden.“

Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) ist eine Kooperation der drei Industrie- und Handelskammern im Land Brandenburg. Sie vertritt die Interessen von mehr als 160.000 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen.

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