Sommer an den Seen der Mark, statt an der Platja de Palma

Christian Woronka
© Sebastian Rost
Christian Woronka
Brandenburg ist eines der gewässerreichsten Bundesländer. Gleichzeitig gilt das Land durch den Klimawandel als besonders gefährdet. Mit steigenden Temperaturen, Waldbränden, Wasserknappheit und Starkregen wird der Tourismus in Brandenburg künftig umgehen müssen. Gleichzeitig kann die Verlagerung des Tourismus auf Nahziele aufgrund zunehmender Hitzeperioden zum Beispiel im Mittelmeerraum Potenziale in der Region heben. Um die Folgen besser abschätzen und praxisnahe Handlungsempfehlungen geben zu können, entsteht aktuell ein Klimafolgengutachten. Beauftragt haben es die TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie und Handelskammern. Christian Woronka, Geschäftsführer der TMB, sagt, warum es nötig ist.
 

FORUM: Wie viele Brandenburger Betriebe sehen den Klimawandel überhaupt und als Herausforderung? Liegt der Fokus bei vielen nicht eher auf anderen Problemen, wie beispielweise der Fachkräftesuche?

Woronka: Der Tourismus in Brandenburg hat sich in den letzten Jahren immer wieder als resilient erwiesen. Mit 14,2 Millionen Übernachtungen haben wir so kurz nach dem Ende der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr einen neuen Rekord erzielt. Das ist sehr erfreulich, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Branche vor den gleichen Herausforderungen wie auch andere Branchen steht: Fachkräftemangel und Unternehmensnachfolge, steigende Betriebskosten, Digitalisierung und eben auch der Umgang mit dem Klimawandel beschäftigen den Tourismus gleichermaßen.
Das Klimawandel für Betriebe ein Thema ist, bekommen wir regelmäßig als Feedback aus der Branche. Da werden uns auch ganz unterschiedliche Aspekte gespiegelt, denn Tourismus ist eine Querschnittsbranche. Jede 12. Brandenburgerin und jeder 12. Brandenburger sind im Tourismus beschäftigt und das in den unterschiedlichsten Segmenten. Die Bandbreite reicht vom Wassersportanbieter über Hotels, Campingplätze und Gaststätten bis zu Freizeit- oder Kulturstätten. Mit Blick auf die Rahmenbedingungen und Bedürfnisse gibt es Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. Es gilt möglichst viel zu berücksichtigen und die Branche über die ganze Breite für die Klimafolgen fit zu machen.

FORUM:  Welche konkrete Folgen des Klimawandels werden von touristischen Unternehmen denn genannt?

Woronka: Es sind Themen wie beispielweise Trockenheit, Wassermangel, hohe Temperaturen, Waldbrände oder Extremwettereignisse wie Starkregen. Aufgrund bereits  vorhandener Forschungsergebnisse und der daraus abgeleiteten Herausforderungen gibt es bereits Strategien für unsere Region, die auch den Tourismus berücksichtigen. Dazu gehören die Strategie des Landes Brandenburg zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowie der Hitzeaktionsplan. Auch die Tourismusstrategie des Landes Brandenburg widmet dem Ökologischen Wandel ein eigenes Zukunftsfeld.  Nun geht es vor allen Dingen um die praktische Umsetzung.  Wir brauchen jetzt  konkrete Hilfestellungen.  Was bedeuten die Folgen des Klimawandels für unsere Region und welchen Beitrag können die touristischen Akteure leisten?  Was gilt  es nun zu tun? Wie kann ich mich anpassen beziehungsweise wie muss ich mich aufstellen?

FORUM: Und daran will ihr Klimafolgengutachten ansetzen?

Woronka: Ja. Auf der einen Seite wird das Gutachten wissenschaftliche Erkenntnisse, die vorhanden sind, noch einmal verständlich aufbereiten. Auf der anderen Seite wird es konkrete Empfehlungen und praktische Antworten für unterschiedliche Akteursgruppen geben.

FORUM: Für das Gutachten fand die Kick-Off-Veranstaltung mit Kurzumfrage statt. Im Mai erfolgte eine Onlineumfrage. Daran anschließend werden Betriebe jetzt im Juni in Workshops Input geben. Und als Abschluss werden die Ergebnisse sogar noch einmal gespiegelt und diskutiert. Die Branche ist somit aktiv an der Erarbeitung des Gutachtens beteiligt.  Warum ist das wichtig?

Woronka: Es sind am Ende vor allem die Unternehmerinnen, Unternehmer sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diejenigen, die die erarbeiteten Maßnahmen aus dem Gutachten umsetzen. Das Gutachten entsteht für die Branche. Die Empfehlungen müssen daher an der Lebensrealität bzw. Arbeitsrealität ausgerichtet, praxistauglich sowie wirtschaftlich umsetzbar sein. Dies entsteht durch aktive Beteiligung. Wichtig für die Umsetzung ist, dass die Unternehmen hinter den Maßnahmen stehen und sie wirklich ihre Belange betreffen.
 
Mit Blick auf Beherbergung hat Brandenburg zum Beispiel bereits einige Betriebe die eine Vorbildfunktion einnehmen, aber auch Interesse zeigen, im Austausch mit anderen noch neue Ideen zu entwickeln. Dabei gehen Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung  oftmals Hand in Hand. Auch auf Brandenburgs Campingplätzen ist hier übrigens schon viel passiert, wie auch die im Mai vorgestellte Campingstudie zeigt. Deren Betreiber haben bereits vielfach Maßnahmen ergriffen, für Beschattung und zusätzliche Bepflanzungen gesorgt oder Flächen entsiegelt. Solche Beispiele können gut miteinfließen.  
Was die Zukunftsfähigkeit betrifft, müssen wir das Thema und solche Praxisbeispiele aber in die Fläche bekommen und möglichst viele Unternehmen sensibilisieren und motivieren. Daher möchten wir direkte Lösungsvorschläge liefern und allen zur Verfügung stellen. Am Ende geht es auch darum, dass die Tourismusakteure in den Austausch miteinander kommen und bestenfalls Netzwerke entstehen, um gemeinsam Klimafolgen zu begegnen.
Der Tourismus hat sich in Brandenburg in den letzten Jahren sehr gut entwickelt. Nun gilt es, dies  zu schützen und den Tourismus weiter zu gestalten und auszubauen, damit wir ein attraktives Reiseland bleiben.

FORUM: Wie wird sich das Verhalten der Touristen verändern?

Woronka: Wie sich das Verhalten ändern wird, kann ich nicht abschätzen. Mein Eindruck ist aber, dass in der Gesellschaft das Umweltbewusstsein immer weiter steigt. Die Menschen machen sich Gedanken, wie sie in ihrem Umfeld einen positiven Beitrag leisten können. Für Brandenburg kann ich sagen,  dass der Tourismus von einem kontinuierlichen und gleichzeitig moderaten Wachstum gekennzeichnet ist. Der Kern unserer touristischen Angebote liegt auf dem Besinnen aufs Wesentliche, auf Entschleunigung, Authentizität und auf einem nachhaltigen Qualitätstourismus. Hier setzen wir an und werden diesen Weg auch in Zukunft gemeinsam mit den vielen Akteuren des Brandenburg Tourismus gehen. Die Industrie- und Handelskammern Brandenburgs wissen wir dabei als starken Partner an unserer Seite.
Bei allen Herausforderungen, mit denen der Tourismus umgehen muss, dürfen wir dies nicht vergessen: Reisen ist etwas sehr schönes und genießt bei den Menschen eine hohe Priorität. Jetzt geht es darum, wie wir unser Angebot an sich ändernde Bedingungen anpassen und gleichzeitig klimaschonend weiterentwickeln können.
 
Es fragte Katharina Wieske

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