Wasser als wichtiger Wirtschaftsfaktor für den Tourismus

Spreewaldidylle in Burg/Spreewald
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Spreewaldidylle in Burg/Spreewald

Für die Industrie, Land- und Forstwirtschaft ist Wasser existenziell, und auch für den Tourismus ist Wasser ein beachtlicher Wirtschaftsfaktor. Die Versorgung mit Wasser ist die Grundlage für eine wirtschaftliche Zukunft. Doch ist sie für alle Nutzer in Brandenburg ausreichend gesichert?

Die Entwicklung mit den Tagebauen

Durch den aktiven Braunkohleabbau in der Lausitz wurde jahrzehntelang das Grundwasser um die Tagebaue abgepumpt und über die Flüsse abgeleitet. Entlang der Spree haben sich Abnehmer des Wassers an das hohe Wasserangebot gewöhnt – z. B. der Spreewald, die Landwirtschaft, Ansiedlungen, der Tourismus, die Natur. Gleichzeitig sank der Grundwasserspiegel in den Tagebaugebieten selbst immer mehr ab. Um einen Tagebau nach Stilllegung schrittweise zu sanieren, wird das Wasser nun wieder dort benötigt. „Die größte Herausforderung dabei ist die Böschungsstabilität“, erklärt Maik Ulrich, Leiter der Flutungszentrale der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV). Ulrich: „Wir entnehmen dabei nur so viel, wie wir entnehmen können, ohne unterhalb am Flusslauf die Bedarfe zu gefährden.“
Dabei gäbe es im Jahr eine Dynamik: Im Frühling nach feuchten Wintern wird viel Wasser aus den Flüssen in die Speicher geleitet. Im Sommer, wenn die Flüsse sehr wenig Wasser haben, wird durch Ableiter Wasser, zum Beispiel an die Spree, wieder abgegeben. Ulrich: „In den trockenen Sommern 2018 und 2019 waren die Speicher im Sommer schon stark belastet. Im Frühjahr 2020 kam dann nicht genug Wasser in den Flüssen nach, um die Speicher wieder aufzufüllen.“ Erst 2021 konnte wieder erfolgreich geflutet werden. Mehr als 130 Millionen Kubikmeter Wasser wurden zum Auffüllen von Bergbaufolgeseen genutzt. Die Spree lieferte den Löwenanteil, gefolgt von Wasser aus der Schwarzen Elster und aus der Lausitzer Neiße.

Kohleausstieg 2038 mit Folgen

Ein kompletter Kohleausstieg ab 2038 wird extreme wasserwirtschaftliche Folgen haben, ist sich Maik Ulrich sicher. Während in Zeiten des aktiven Tagebaus auch jetzt noch fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die Flüsse geleitet werden, würden diese Mengen mit einem Schlag wegfallen. Ulrich: „Wir müssten dann die Speicher der Seen nutzen, um noch mehr aufzuholen, aber die würden schneller an ihre Grenzen kommen.“ Bei Trockenperioden war der Bergbau also bislang beinahe der Hauptwasser-Lieferant. Dazu kommt, dass aus geotechnischen Gründen in den Tagebau-Seen ei ne bestimmte Mindestwasser-Höhe erreicht werden muss. Es bleiben also nur zwei Lösungen: Entweder es würde Wasser von irgendwo hergeholt oder man schraubt die Nutzung herunter. Da Letzteres kaum mehr denkbar ist, erarbeiten Experten im Bundesumweltamt derzeit eine Studie, wo das Wasser dann herkommen könnte. Auch Überlegungen für Umleitungen aus der Elbe spielen dort eine Rolle.

Auf Wasser fokussierter Tourismus

Die Lage ist auch für den sich stark entwickelnden Tourismus herausfordernd. Kathrin Winkler, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Lausitzer Seenland e. V.: „Wir sind für Urlauber erst vollständig attraktiv, wenn alle Seen gefüllt sind.“ In den letzten trockenen Sommern hätten die Seen jedoch viel Wasser verloren. Der Spreewald und Berlin haben Vorrang, ehe es in der Lausitz mit dem Wasser weitergeht.

Im Moment ist es am spannendsten, wenn man sieht, wie sich die Gegend langsam entwickelt, so Winkler. Doch: „Investoren für große Hotels und Ferienwohnungsanlagen kommen erst, wenn wir ein nutzbares Seenland haben. Sie setzen auf Übernachtungen am Wasser, auf dem man auch was erleben kann.“ In Großräschen habe man gerade die Situation, den See nicht nutzen zu können. Aber die Gäste wollen baden, Boot fahren, Wassersport treiben. Deshalb setzt man derzeit auf die Zielgruppe der aktiven Radfahrer. Auf Dauer reicht das aber nicht. Die Region baut auf die Entwicklungspotenziale, die von Europas größter von Menschenhand geschaffener Wasserlandschaft ausgehen.

Spreewald lechzt nach Wasser

Auch für die historische Kulturlandschaft Spreewald mit seinen Fließen, Auen und Mooren ist die Wassersituation herausfordernd. „Es gibt viele Wasserverluste: durch sehr trockenes Wetter, wenig Niederschläge und am Ende des Flusses kommt auch noch Berlin“, sagt Dirk Meier, Hafenmeister Spreehafen Burg und Vorsitzender im Tourismusausschuss der IHK Cottbus. Einwohnerzahl, Tourismus und Ansprüche wachsen. Die Metropole braucht Trinkwasser, Flusswasser für Schifffahrt und Industrie. Meier: „Da ist Gefahr in Verzug. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich Gedanken zu machen. Meine Oma hat mir noch erzählt, dass früher einige Fließe im Sommer trocken waren. Das geht heute nicht mehr. Denn das würde bedeuten, dass der Tourismus stillgelegt und die gesamte Landschaft verändert wird, Bäume und Pflanzen würden zum Teil absterben.“
„Wir müssen an einem Strang ziehen und darum muss sich auch der Bund stärker einbringen. Früher war von der Quelle bis zur Mündung des Flusses alles durchgeplant und abgestimmt. Heute macht jeder seins und der eine lässt den anderen auch schon mal ,austrocknen' oder ,absaufen'“, so Meier. Es sei wichtig, regulierend einzugreifen. Mit dem Nord- und Südumfluter gäbe es eines der besten Systeme, um den Spreewald vor Hochwasser zu schützen. Das System wird auch gegen die Trockenheit genutzt. „Wichtig ist es, die vielen kleinen zugesetzten Gräben, die früher wie ein Schwamm im Spreewald wirkten, wie der zu öffnen.“ So eine Lagunen-Landschaft sei wichtig, um das einzigartige Ökosystem zu erhalten. Allein vom Spreehafen Burg starten jährlich mehr als 60 000 Gäste aus aller Welt zu Kahnfahrten durch diese einmalige Landschaft. Viele Arbeitsplätze vom Kahnfährmann, über Bürokaufleute bis zu Angestellten in Hotels und Restaurants hängen daran.
"Wichtig ist es, die vielen kleinen zugesetzten Gräben, die früher wie ein Schwamm im Spreewald wirkten, wieder zu öffnen." -  Dirk Meier, Spreehafen Burg

Durst der Metropolregion

Immer mehr Menschen brauchen immer mehr Wasser. Deshalb hatte sich bereits 2017 die „Initiative Trinkwasserversorgung Metropolregion Berlin-Brandenburg“ aus 16 Wasserversorgern gebildet. Das Ziel: eine „über das bisherige Territorialprinzip hinausgehende Zusammenarbeit durch Schaffung von Verbundsystemen, eine weitere Senkung der Netzverluste und Kampagnen zum bewussteren Umgang mit Trinkwasser“, so die Berliner Wasserbetriebe. Eine Analyse der Initiative zeigt: Bis zum Jahr 2050 wird die Einwohnerzahl auf Brandenburger Gebiet in der Region zwischen Oranienburg, Nauen, Potsdam, Storkow und Strausberg um rund ein Fünftel wachsen, mehr als die Hälfte aller Brandenburger werden dann in diesem Bereich woh nen. Auch für Berlin wird ein ähnlicher Trend prognostiziert.

Deutlich stärker wird zugleich der Wasserbedarf steigen, was neben der Bevölkerungsund Wirtschaftsentwicklung dem Klimawandel geschuldet ist. So erwarten die Fachleute im Umland der Hauptstadt einen um die Hälfte wachsenden Wasserbedarf, der mit den heutigen Wassernutzungsrechten bzw. verfügbaren Dargeboten nicht abgedeckt werden kann. Die Politik in beiden Bundesländern muss darauf schnellstmöglich reagieren und Antworten finden.

Landwirtschaft lebt vom Regenwasser

Brandenburgs Bauern haben indes in vielen Regionen mit zu trockenen Böden zu kämpfen. Akuten Handlungsbedarf sehen sie bei der Funktionalität der bestehenden Infrastruktur von Rückhalteanlagen zur Regenwassernutzung. Das Wasser kann vielerorts durch marode Stausysteme nicht in der notwendigen Zeit auf einer bestimmten Fläche zurückgestaut werden, um Kulturpflanzen mit Wasser zu versorgen. Zwar engagieren sich Gewässer- und Bodenverbände vor Ort, um Stauanlagen instand zu setzen. „Es bedarf jedoch des landesweiten Plans zur Ertüchtigung bestehender Anlagen und der Errichtung neuer künstlicher Rückhaltebecken“, mahnt Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes (LBV). Vom Thünen-Institut wird derzeit eine Evaluierung des Kostenumfangs für die Errichtung größerer Wasserspeicherbecken durchgeführt. „Ähnlich groß müssen wir auch innovative Verfahren der Nutzung des aufbereiteten Wassers aus den Kläranlagen denken, welches unsere Region in Millionen Kubikmeter-Massen über die Flüsse in Richtung Ostsee verlässt“, so Wendorff. Dieses in der Region zu halten und verfügbar zu machen, wäre ein gigantisches, aber auch zukunftsweisendes Unterfangen. Der Bauernverband bietet hier seine aktive Mitarbeit an.

Es müsse nicht nur Wasser in der Region gehalten und gespeichert werden. Auch bei Bodendeckung und Sortenwahl gehen die Landwirte neue Wege. Brandenburgs Pflanzenbauern setzen jetzt verstärkt auf Boden deckenden Zwischenfruchtanbau mit Ramtillkraut oder Serradella für besonders trockene Standorte. Auch Boden regenerierende Pflanzen, wie verschiedene Kleearten, Phacelia, Senf oder Ölrettich kommen zum Einsatz. Ihnen allen ist gemein, dass sie über den Winter bzw. zwischen zwei Hauptkulturen den Boden bedecken, in der Regel abfrieren und untergearbeitet werden. Die so angereicherte organische Substanz ist notwendig, um Humus aufzubauen, der das Regenwasser hält und vor Bodenerosion schützt. Hohe Temperaturen erschweren diesen Prozess jedoch. Im LBV-Projekt „Klimabauern Berlin-Brandenburg“ tragen Landwirte ihre Erfahrungen zusammen und erarbeiten Lösungsansätze.
Dass Pläne bislang viel zu grob und Aussagen zu plakativ seien, wie in der letzten Studie des Brandenburger Umweltamtes in der dort auftauchenden „Wasser-Vorratsprognose“, kritisiert Diplom-Ingenieur Ingolf Arnold, Leiter des Wasser Clusters Lausitz e. V. Wenn man im Vollzug für eine wasserrechtliche Erlaubnis ist, nutze so ein Plan laut dem Bergbauund Wasser-Experten gar nichts. „Man kann nur so viel Wasser nutzen, wie neu zugespeist wird“, sagt Arnold. „Da muss man mehr ins Detail gehen. Bei uns in der Lausitz gibt es noch ungenutzte Vorräte, aber die fließen Richtung Nordsee ab, obwohl wir sie hier bräuchten.“

Planungen zu grob

Die Niederschlagsmengen insgesamt nehmen nicht unbedingt ab, jedoch kommt es zu längeren Trockenperioden, die sich mit sehr feuchten Jahren abwechseln. Es gibt weniger langandauernde Landregen. Das Wasser kommt kurz und heftig. Zusätzlich steigen die Temperaturen. Wasser verdunstet schneller, regnet dann aber in anderen Regionen wieder ab. Ein anderer Teil fließt sofort in die Kanalisation in die Flüsse, über die Felder und Straßen und richtet Schäden an. Ein dritter Teil schließlich schafft es normalerweise langsam ins Grundwasser zu sickern. „Früher konnte man das genau dritteln. Mit dem Klimawandel sind Verdunstung und Starkabfluss am größten geworden. Nur noch rund 20 Prozent sickern ins Grundwasser“, erklärt Arnold.

Wirtschaft braucht Planungssicherheit

Die Brandenburger Wirtschaft braucht mit Blick auf zukünftige Erweiterungsinvestitionen und Ansiedlungen eine langfristige Perspektive. Daher fordern die brandenburgischen IHKs von der Politik eine klare Definition der Rahmenbedingungen für die Wassernutzung in der Zukunft.
Um die richtigen Instrumente für eine gerechte und zukunftsweisende Wasserpolitik zu finden, bedarf es eines gesamtgesellschaftlichen Dialogs. Dabei müssen die unterschiedlichen Interessen der Bevölkerung und der Unternehmen ausgleichend berücksichtigt werden. Damit es zu keinem Kampf um das Wasser kommt, braucht es nach Ansicht der Kammern dringend einen länderübergreifenden Austausch zum Thema Wasser als Standortfaktor. „Bisher findet der Dialog überwiegend aus der ökologischen Brille statt. Gleiches finden wir bei der Aufstellung von verschiedenen Strategien zum Umgang mit dem wertvollen Rohstoff Wasser.
Bei der Entwicklung von Siedlungs- und Gewerbegebieten muss das Wasser eine stärkere Bedeutung erfahren. Wachstum muss daher verstärkt in Regionen stattfinden, wo ausreichend Wasserreserven vorhanden sind“, sagt Dorit Köhler, Umweltreferentin bei der IHK Cottbus. Welche Ansätze dabei zu berücksichtigen sind, diskutieren die IHKs beim Umweltkongress: „Wasser als Standortfaktor“ am 30. Juni in Rüdersdorf.
 
Quelle: FORUM/Reisinger

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