Durch den aktiven Braunkohleabbau in der Lausitz wurde jahrzehntelang das Grundwasser um die Tagebaue abgepumpt und über die Flüsse abgeleitet. Entlang der Spree haben sich Abnehmer des Wassers an das hohe Wasserangebot gewöhnt – z. B. der Spreewald, die Landwirtschaft, Ansiedlungen, der Tourismus, die Natur. Gleichzeitig sank der Grundwasserspiegel in den Tagebaugebieten selbst immer mehr ab. Um einen Tagebau nach Stilllegung schrittweise zu sanieren, wird das Wasser nun wieder dort benötigt. „Die größte Herausforderung dabei ist die Böschungsstabilität“, erklärt Maik Ulrich, Leiter der Flutungszentrale der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV). Ulrich: „Wir entnehmen dabei nur so viel, wie wir entnehmen können, ohne unterhalb am Flusslauf die Bedarfe zu gefährden.“
Dabei gäbe es im Jahr eine Dynamik: Im Frühling nach feuchten Wintern wird viel Wasser aus den Flüssen in die Speicher geleitet. Im Sommer, wenn die Flüsse sehr wenig Wasser haben, wird durch Ableiter Wasser, zum Beispiel an die Spree, wieder abgegeben. Ulrich: „In den trockenen Sommern 2018 und 2019 waren die Speicher im Sommer schon stark belastet. Im Frühjahr 2020 kam dann nicht genug Wasser in den Flüssen nach, um die Speicher wieder aufzufüllen.“ Erst 2021 konnte wieder erfolgreich geflutet werden. Mehr als 130 Millionen Kubikmeter Wasser wurden zum Auffüllen von Bergbaufolgeseen genutzt. Die Spree lieferte den Löwenanteil, gefolgt von Wasser aus der Schwarzen Elster und aus der Lausitzer Neiße.
Kohleausstieg 2038 mit Folgen
Ein kompletter Kohleausstieg ab 2038 wird extreme wasserwirtschaftliche Folgen haben, ist sich Maik Ulrich sicher. Während in Zeiten des aktiven Tagebaus auch jetzt noch fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die Flüsse geleitet werden, würden diese Mengen mit einem Schlag wegfallen. Ulrich: „Wir müssten dann die Speicher der Seen nutzen, um noch mehr aufzuholen, aber die würden schneller an ihre Grenzen kommen.“ Bei Trockenperioden war der Bergbau also bislang beinahe der Hauptwasser-Lieferant. Dazu kommt, dass aus geotechnischen Gründen in den Tagebau-Seen ei ne bestimmte Mindestwasser-Höhe erreicht werden muss. Es bleiben also nur zwei Lösungen: Entweder es würde Wasser von irgendwo hergeholt oder man schraubt die Nutzung herunter. Da Letzteres kaum mehr denkbar ist, erarbeiten Experten im Bundesumweltamt derzeit eine Studie, wo das Wasser dann herkommen könnte. Auch Überlegungen für Umleitungen aus der Elbe spielen dort eine Rolle.
Auf Wasser fokussierter Tourismus
Die Lage ist auch für den sich stark entwickelnden Tourismus herausfordernd. Kathrin Winkler, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Lausitzer Seenland e. V.: „Wir sind für Urlauber erst vollständig attraktiv, wenn alle Seen gefüllt sind.“ In den letzten trockenen Sommern hätten die Seen jedoch viel Wasser verloren. Der Spreewald und Berlin haben Vorrang, ehe es in der Lausitz mit dem Wasser weitergeht.
Im Moment ist es am spannendsten, wenn man sieht, wie sich die Gegend langsam entwickelt, so Winkler. Doch: „Investoren für große Hotels und Ferienwohnungsanlagen kommen erst, wenn wir ein nutzbares Seenland haben. Sie setzen auf Übernachtungen am Wasser, auf dem man auch was erleben kann.“ In Großräschen habe man gerade die Situation, den See nicht nutzen zu können. Aber die Gäste wollen baden, Boot fahren, Wassersport treiben. Deshalb setzt man derzeit auf die Zielgruppe der aktiven Radfahrer. Auf Dauer reicht das aber nicht. Die Region baut auf die Entwicklungspotenziale, die von Europas größter von Menschenhand geschaffener Wasserlandschaft ausgehen.
Spreewald lechzt nach Wasser
Auch für die historische Kulturlandschaft Spreewald mit seinen Fließen, Auen und Mooren ist die Wassersituation herausfordernd. „Es gibt viele Wasserverluste: durch sehr trockenes Wetter, wenig Niederschläge und am Ende des Flusses kommt auch noch Berlin“, sagt Dirk Meier, Hafenmeister Spreehafen Burg und Vorsitzender im Tourismusausschuss der IHK Cottbus. Einwohnerzahl, Tourismus und Ansprüche wachsen. Die Metropole braucht Trinkwasser, Flusswasser für Schifffahrt und Industrie. Meier: „Da ist Gefahr in Verzug. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich Gedanken zu machen. Meine Oma hat mir noch erzählt, dass früher einige Fließe im Sommer trocken waren. Das geht heute nicht mehr. Denn das würde bedeuten, dass der Tourismus stillgelegt und die gesamte Landschaft verändert wird, Bäume und Pflanzen würden zum Teil absterben.“
„Wir müssen an einem Strang ziehen und darum muss sich auch der Bund stärker einbringen. Früher war von der Quelle bis zur Mündung des Flusses alles durchgeplant und abgestimmt. Heute macht jeder seins und der eine lässt den anderen auch schon mal ,austrocknen' oder ,absaufen'“, so Meier. Es sei wichtig, regulierend einzugreifen. Mit dem Nord- und Südumfluter gäbe es eines der besten Systeme, um den Spreewald vor Hochwasser zu schützen. Das System wird auch gegen die Trockenheit genutzt. „Wichtig ist es, die vielen kleinen zugesetzten Gräben, die früher wie ein Schwamm im Spreewald wirkten, wie der zu öffnen.“ So eine Lagunen-Landschaft sei wichtig, um das einzigartige Ökosystem zu erhalten. Allein vom Spreehafen Burg starten jährlich mehr als 60 000 Gäste aus aller Welt zu Kahnfahrten durch diese einmalige Landschaft. Viele Arbeitsplätze vom Kahnfährmann, über Bürokaufleute bis zu Angestellten in Hotels und Restaurants hängen daran.
"Wichtig ist es, die vielen kleinen zugesetzten Gräben, die früher wie ein Schwamm im Spreewald wirkten, wieder zu öffnen." - Dirk Meier, Spreehafen Burg