EU-Lieferkettengesetz (CSDDD - Corporate Sustainability Due Diligence Directive)

Containerverladung internationaler Warenverkehr
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Übersicht:

Aktuelle Entwicklungen zum EU-Lieferkettengesetz (CSDDD)

Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten hat den von der belgischen Ratspräsidentschaft vorgelegten Kompromisstext vom 13. März 2024 im Rahmen der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter gebilligt. Der Kompromisstext beinhaltet folgende Änderungen des Trilog-Ergebnisses:

  • Begrenzung des Anwendungsbereiches auf Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und mehr als 450 Mio. EUR weltweitem Nettoumsatz
  • Stufenweiser Ansatz: Das Gesetz soll nach einer dreijährigen Frist zunächst für Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Mrd. EUR weltweitem Nettoumsatz gelten. Nach vier Jahren sollen dann Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und 900 Mio. EUR Umsatz in den Anwendungsbereich fallen. Nach fünf Jahren sind Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern und mehr als 450 Mio. EUR weltweitem Nettoumsatz erfasst.
  • Die Risikosektoren entfallen, können durch eine Überprüfungsklausel aber später in den Anwendungsbereich aufgenommen werden.
  • Definition der Aktivitätskette: Bei den nachgelagerten Aktivitäten wird die Entsorgung des Produktes aus der Definition gestrichen. Nachgelagerte Aktivitäten wie Vertrieb, Transport und Lagerung müssen im Rahmen der Sorgfaltspflichten betrachtet werden, wenn sie im Auftrag des Unternehmens erfolgen. Es müssen bei den nachgelagerten Aktivitäten nur noch die direkten Geschäftsbeziehungen und nicht die indirekten Geschäftsbeziehungen in den Blick genommen werden.
  • Die Vergütungsregelungen für das Management im Zusammenhang mit den Klimaübergangsplänen wurden aus Artikel 15 gestrichen.
  • Die Bedingungen für die Klagebefugnis in Artikel 22 zur zivilrechtlichen Haftung wurden minimal (durch die Streichung von drei Worten in Absatz 2a (d)) angepasst. Ansonsten bleibt der Artikel 22 unverändert.
  • Von einer Ausweitung der Sorgfaltspflichten im Finanzsektor wird abgesehen. Das bedeutet, dass es nicht mehr vorgesehen ist, Sorgfaltspflichten für nachgelagerte Aktivitäten einzuführen.

Der Gesetzestext muss nun noch formal durch den Rat und das europäische Parlament verabschiedet werden. Im europäischen Parlament wird die Abstimmung nach der derzeitigen Planung am 24. April 2024 stattfinden.

Den aktuellen CSDDD-Richtlinienentwurf finden Sie im Downloadbereich. Momentan besteht Unklarheit darüber, ob die Übersetzung des Richtlinienentwurfs in die EU-Amtssprachen fristgerecht für die geplante Abstimmung im EP (24. April 2024) und im Rat (Mai 2024) erfolgen kann. Sollte dies nicht der Fall sein, muss die formale Verabschiedung des Rechtstextes in der neuen Legislaturperiode nach den Europawahlen vorgenommen werden. Dadurch würde sich das Inkrafttreten der Richtlinie um einige Monate verzögern.

Umfang des EU-Lieferkettengesetzes/ Anwendungsbereich

  • Der Anwendungsbereich ist auf Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und mehr als 300 Mio. weltweitem Nettoumsatz begrenzt.
  • Stufenweiser Ansatz: Das Gesetz soll nach einer dreijährigen Frist zunächst für Unternehmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Mrd. weltweitem Nettoumsatz gelten.
  • Nach vier Jahren sollen dann Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und 900 Mio. Umsatz in den Anwendungsbereich fallen.
  • Nach fünf Jahren sind Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern und mehr als 300 Mio. weltweitem Nettoumsatz erfasst.

Die wichtigsten Punkte der künftigen Sorgfaltspflichten für betroffene Unternehmen im Einzelnen

  • Unternehmen müssen Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmenspolitik und Risikomanagementsysteme integrieren. Ein Verhaltenskodex muss erstellt werden.
  • Sorgfaltspflichten müssen entlang der sogenannten „Aktivitätskette“ und unter Berücksichtigung direkter und indirekter Geschäftspartner ausgeübt werden. Die Aktivitätskette umfasst alle vorgelagerten Aktivitäten zur Herstellung eines Produkts und Teile der nachgelagerten Aktivitäten wie Vertrieb, Lagerung und Transport im Auftrag des Unternehmens.
  • Zu beachtende Menschenrechts- und Umweltabkommen: Die Liste der Abkommen und geschützten Rechtspositionen (z. B. Verbot von Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit, angemessene Löhne, Verbot der Ungleichbehandlung in der Beschäftigung) ist umfassender als die des deutschen Lieferkettengesetzes. 
  • Risikobasierter Ansatz und Bemühenspflicht: Unternehmen können zunächst die Risiken identifizieren, die am schwerwiegendsten sind oder am wahrscheinlichsten eintreten werden. Unternehmen können auch die Reihenfolge, in der sie diese Risiken abmildern, nach Schwere und Wahrscheinlichkeit ordnen. Unternehmen müssen sich angemessen bemühen, negative Auswirkungen zu verhindern/abzustellen.
  • Sorgfaltspflichten im Einzelnen: In einem ersten Schritt müssen Unternehmen potenzielle negative oder tatsächliche negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt im Rahmen der eigenen Geschäftstätigkeit, bei Tochterunternehmen und in der Aktivitätskette ermitteln. Werden potenzielle negative Auswirkungen ermittelt, müssen Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Abschwächung dieser potenziellen negativen Auswirkungen eingeleitet werden. Werden tatsächliche negative Auswirkungen im Rahmen der eigenen Geschäftstätigkeit und der der Tochtergesellschaften ermittelt, so müssen diese abgestellt werden. Werden tatsächliche negative Auswirkungen bei Geschäftspartnern festgestellt, so müssen diese abgestellt oder minimiert werden, wenn sofortiges Abstellen nicht möglich ist. Wenn Unternehmen die negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die Menschenrechte durch Geschäftspartner dauerhaft nicht verhindern oder abstellen können, müssen sie die Geschäftsbeziehungen beenden (ultima ratio). Dies gilt nicht für den Fall, dass die negativen Auswirkungen der Beendigung schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Menschenrechte oder die Umwelt.
  • Zu ergreifende Abhilfemaßnahmen bei potenziellen negativen Auswirkungen und tatsächlichen negativen Auswirkungen: Der Gesetzentwurf sieht unterschiedliche Abhilfemaßnahmen vor. Darunter fallen z. B. die Entwicklung und Umsetzung eines Präventionsaktionsplans oder Korrekturmaßnahmenplans mit klar festgelegten Zeitplänen und Indikatoren zur Messung der Verbesserung; Vertragsklauseln; Vertragskaskaden; Unterstützung von Geschäftspartnern; Investitionen in Produktionsstätten, Produktionsprozesse, operationelle Prozesse und die Infrastruktur; die Anpassung von Geschäftsplänen und Unternehmensstrategien; die Anpassung des Produktdesigns, der Einkaufspraxis sowie des Vertriebs.
  • Unternehmen müssen ihre Tätigkeiten und Maßnahmen im Rahmen der Sorgfaltspflicht mindestens alle 12 Monate bewerten und auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen.
  • Unternehmen müssen jährlich über ihre Tätigkeiten berichten.
  • Unternehmen müssen ein Beschwerdeverfahren einrichten.

Sanktionen und zivilrechtliche Haftung

  • Jeder Mitgliedstaat muss eine nationale Aufsichtsbehörde benennen, die überwacht, ob die Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen.
  • Finanzielle Sanktionen können bis zu 5% des globalen Nettoumsatzes eines Unternehmens betragen. 
  • Der Gesetzentwurf sieht eine zivilrechtliche Haftung bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der Sorgfaltspflicht vor, wenn ein Schaden eingetreten ist. Unternehmen sollen aber nicht für Schäden haften, die ausschließlich von Geschäftspartnern verursacht wurden.

Klimaübergangspläne

  • Unternehmen müssen außerdem einen Plan festlegen und umsetzen, mit dem sie sicherstellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C gemäß dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind.
  • Wenn der Klimawandel als ein Hauptrisiko oder eine Hauptauswirkung der Unternehmenstätigkeit ermittelt wurde, müssen Unternehmen Emissionsreduktionsziele in ihrem Plan aufnehmen.

Statements und Forderungen der IHK Organisation

Die DIHK hatte sich unter anderem grundsätzlich gegen eine Einführung einer zivilrechtliche Haftung ausgesprochen.

Weiterhin sind insbesondere folgende Punkte wichtig:

  • Geltung über die gesamte Wertschöpfungskette ist für Unternehmen nicht abbildbar. Die Sorgfaltspflichten sollten sich auf Tier1 Zulieferer außerhalb der EU beschränken
  • Weitestmögliche Harmonisierung bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten, um ein „level playing field“ zu erreichen.
  • „director duties“: Die Sorgfaltspflichten für das Unternehmen bilden Risiken umfassend ab, die Doppelung über persönliche Pflichten für Manager sind daher nicht notwendig. 
  • Die Liste der internationalen Abkommen im Annex der Richtlinie ist zu lang und breit für die von Ihnen erwähnte bürokratiearme Umsetzung 
  • Ein wirksames Lieferkettengesetz erfordert Praxistauglichkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit. 
  • Streichung/Umformulierung von z. B.:
    • Artikel 8(a), der Druck auf Unternehmen durch institutionelle Investoren und Vermögensverwalter ausübt, um ihre Beteiligungsunternehmen dazu zu bewegen, die von ihnen verursachten negativen Auswirkungen zu beseitigen
    • Artikel 15(a) über die Bekämpfung des Klimawandels
    • Artikel 26 über die Überwachung der Sorgfaltspflichten

Zur DIHK-Stellungnahme zum Vorschlag für eine „Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937“

 

Informationen zum Lieferkettensorgfaltsgesetz Deutschlands finden Sie unter www.cottbus.ihk.de/lieferkettengesetz

 

Ansprechpartner

Silke Schwabe
Leiterin Geschäftsbereich: Außenwirtschaft und Unternehmensentwicklung
t: +49(0)355 365 1503
f: +49(0)355 3659 1503
silke.schwabe@cottbus.ihk.de