In Zeiten steigender Wasserbedarfe und abnehmender Grundwasserressourcen ist die Versorgungssicherheit eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Zukunft Berlin-Brandenburgs. Nach Ansicht der Unternehmerschaft muss der Wirtschaftsstandort diesbezüglich in drei Handlungsfeldern gesichert und gestärkt werden, um negative Auswirkungen klimatischer und struktureller Veränderungen auf die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, Kosten für Unternehmen einzudämmen und Standortnachteile abzuwenden.
Der Aufbau länderübergreifender Trägerstrukturen ist ein zentraler Schritt, um gemeinsame Lösungswege zu finden und eine Finanzierung – sowie ein effizientes Wassermanagementkonzept aufzustellen. Anlässlich des Weltwassertags am 22. März richten sich die Berlin-Brandenburger Industrie- und Handelskammern (IHK) daher mit einem entsprechenden Forderungspapier an die Politik.
Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin: „Die Verfügbarkeit und die Qualität von Wasser sind für die meisten eine Selbstverständlichkeit, aber die Herausforderungen für eine sichere und saubere Wasserversorgung sind immens. So hat etwa der Ausstieg des Braunkohlebergbaus in der Lausitz unmittelbaren Einfluss auf den Wasserhaushalt der Spree und Havel. Gleichzeitig steigt der Trinkwasserbedarf durch die wachsende Bevölkerung, trockene und zu heiße Sommer in der Metropolregion verschärfen die Lage zusätzlich. Daher ist es besonders wichtig, die Anforderungen aller Stakeholder-Gruppen mit ins Auge zu fassen und rechtzeitig zu handeln, um mögliche Wassernotstände zu verhindern. Deshalb begrüßen die Industrie- und Handelskammern ausdrücklich die Zusammenarbeit der Länder Brandenburg und Berlin. Die verabredete länderübergreifende Geschäftsstelle muss deshalb zügig eingerichtet, die Finanzierung geklärt und Verbundlösungen umgesetzt werden. Um den Wirtschaftsstandort nachhaltig zu sichern, müssen dabei auch zwingend die wirtschaftlichen Bedarfe berücksichtigt werden.“
Jens Warnken, Präsident der IHK Cottbus, sagt federführend für die brandenburgischen IHKs: „Die bedarfsgerechte und ausreichende Wasserversorgung verschiedenster Interessengruppen ist eine Zukunftsaufgabe, die von der Politik dringend ein noch zielgerichteteres Handeln erfordert. Zudem muss sie maßgeblich durch Bund und Länder mitfinanziert werden. Überproportionale Kosten für die Wasserentnahme und Abwasserreinigung dürfen nicht überbordend auf die Unternehmen umgewälzt werden. Mit dem Klimawandel wächst der Bedarf an Wasserspeichern. Um in Trockenperioden genug Reserven vorhalten zu können, sind weitere Möglichkeiten der Speicherung zu erschließen sowie Wasserüberleitungen aus anderen Flussgebieten zu prüfen. In Anbetracht der herausfordernden Lage durch den Kohleausstieg und Klimawandel ist mehr Tempo bei den Wasserverwaltungen der Länder erforderlich.“
Das betrifft gleichermaßen die Genehmigungsprozesse zur Erschließung neuer Grundwasservorräte und den Bau von Wasserfernleitungen, die weit mehr als zehn Jahre in Anspruch nehmen. Auch der offene und frühzeitige Austausch mit den Kammern, Wasserverbänden und Standortentwicklern bei Planungen ist außerordentlich wichtig sowie die systematische Erfassung aktueller Daten und Darbietung in länderübergreifenden Analysetools als Grundlage für die Bewertungen. Darüber hinaus muss nach Ansicht der Wirtschaft die Weiterentwicklung und Erforschung innovativer Wassertechnologien immens vorangetrieben werden - auch durch eine stärkere Lehre an den Hochschulen sowie durch die Auflage und Förderung geeigneter Programme für Pilotprojekte und Netzwerke mit Unternehmensbeteiligung.
Forderungen im Detail:
Ressource Wasser in der Metropolregion Berlin-Brandenburg für die Wirtschaft sichern
Forderungen der Wirtschaft in 3 Handlungsfeldern
Die sichere Versorgung mit Wasser ist eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Zukunft in Berlin-Brandenburg. Um den Wirtschaftsstandort der Metropolregion zu sichern und zu stärken, müssen negative Auswirkungen klimatischer und struktureller Veränderungen auf die Wirtschaft so gering wie möglich gehalten werden. Gemeinsam mit der Politik müssen dafür notwendige Handlungserfordernisse erarbeitet und umgesetzt werden.
Wasser als Wirtschaftsfaktor begreifen
- Versorgung sicherstellen
Um die Wettbewerbsfähigkeit der Berliner und Brandenburger Wirtschaft langfristig zu sichern, muss Wasser sowohl quantitativ als auch qualitativ zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung stehen. Insbesondere muss eine bedarfsgerechte Wasserversorgung gewährleistet sein. Bei der Errichtung und Entwicklung von Gewerbe- und Industrieflächen sind Land und Kommunen aufgefordert, das erforderliche Wasserdargebot in ihren Planungen sicherzustellen.
- Diskrepanz zwischen sinkendem Angebot und steigender Nachfrage auflösen
Der Klimawandel sowie strukturelle Veränderungen in Wirtschaft und Bevölkerung stellen neue Herausforderungen an das Wassermanagement. Ferner ziehen die Transformation der Wirtschaft (z. B. Wasserstoff als energetische Ressource) sowie die notwendige Stabilisierung der Gewässer, die Forderung nach Wasserrückhalt vor Ort und die Vernässung der Moore einen erhöhten Wasserbedarf nach sich. Einem geringer werdenden Wasserdargebot steht vielerorts ein steigender Bedarf in der Region gegenüber. Hierfür benötigt es intelligente Wassermanagement-Lösungen.
- Zusätzliche Kosten nicht allein der Wirtschaft aufbürden
In der politischen Debatte erwägen die Länder Berlin und Brandenburg, erhöhte Anforderungen an die Reinigung der Abwässer zu stellen und Gebühren für die Wasserentnahme zu erhöhen. Unternehmen dürfen hierbei nicht überproportional belastet werden. Ein erhöhter Wasserpreis würde zu einem Standortortnachteil der Unternehmen führen. Schon jetzt zählen der Stadtstaat Berlin und Brandenburg zu den Bundesländern mit den höchsten Abgabesätzen für Wasserentnahmen. Die politischen Herausforderungen zur Sicherung der Wasserversorgung müssen durch Bund und Länder maßgeblich mitfinanziert werden.
- Wissens- und Technologietransfer fördern
Um die knapper werdende Ressource Wasser effektiver und nachhaltiger einzusetzen, bedarf es der Weiterentwicklung und Erforschung innovativer Wassertechnologien. Pilotprojekte und Netzwerke sind über geeignete Programme, die auch Unternehmen einschließen, zu fördern. Ferner sollte das Thema Wasser an Hochschulen wieder verstärkt in Forschung und Lehre etabliert werden und neue Kompetenzzentren aufgebaut werden.
Länderübergreifende Zusammenarbeit ausbauen
- Datengrundlage für länderübergreifendes Wassermanagement schaffen
Um künftige Wasserbedarfe realistisch einschätzen und managen zu können, sind Entscheider wie Behörden, Wasserverbände und Standortentwickler auf aktuelle Daten und Prognosewerkzeuge angewiesen. Um Entwicklungsszenarien zu erstellen, müssen stetig sowohl Daten zum Grund- und Oberflächenwasser, zu den Folgen des Klimawandels als auch zur wirtschaftlichen und strukturellen Entwicklung - auch länderübergreifend - systematisch erfasst und per Datenanalysetools bereitgestellt werden.
- Länderübergreifende Trägerstrukturen etablieren
Eine länderübergreifende Problemlage braucht länderübergreifende Trägerstrukturen. Die Wasserwirtschaftsverwaltungen in Brandenburg, Berlin und Sachsen haben sich gemeinsam zu den wasserwirtschaftlichen Herausforderungen positioniert. Damit es nicht zu Engpässen in der Wasserversorgung kommt und die Qualität des Wassers nicht beeinträchtigt wird, bedarf es eines schnellen, kontinuierlichen und zielgerichteten Handelns. Insbesondere mit Blick auf den Kohleausstieg in der Lausitz muss nun in einem ersten Schritt die avisierte länderübergreifende Geschäftsstelle zügig eingerichtet werden.
- Länderübergreifende Finanzierung sichern und den Bund in Verantwortung nehmen
Zur Sicherung des länderübergreifenden Wasserdargebots, der Wasserqualität sowie zum klimaresilienten Stadtumbau werden die Länder mit Investitionen in Milliardenhöhe konfrontiert. Die Länder müssen dafür sorgen, dass dem gemeinsamen Träger über eine Verwaltungsvereinbarung die notwendigen Haushaltsmittel zur Umsetzung der Maßnahmen zur Verfügung stehen. Die Länder werden aufgefordert, den Bund in seine - im Kohleausstiegsgesetz gesetzlich verankerte - Verantwortung zur Regulierung des Wasserhaushalts in der Lausitz zu nehmen.
Entwicklung vor Ort fördern
- Wasserversorgung durch Wasserzuführung und Speicher sichern
Das Wasserangebot ist regional sehr unterschiedlich verteilt. Vor diesem Hintergrund werden Fremdwasserüberleitungen immer stärker als Lösung diskutiert. Diese Aufgabe können die zuständigen Wasserversorger sowohl organisatorisch als auch finanziell nicht allein stemmen. Es ist dringend erforderlich, länderübergreifende Lösungen (Flussüberleitungen) als auch Verbundlösungen (regionale Wasserverteilung) zu prüfen und mit Landes- und Bundesmitteln zu finanzieren. Mit dem Klimawandel wächst der Bedarf an Wasserspeichern. Um in Trockenperioden genug Reserven vorhalten zu können sind weitere Möglichkeiten der Speicherung zu erschließen.
- Genehmigungsverfahren beschleunigen
Zur Sicherung der Wasserversorgung braucht es schnellere Genehmigungsverfahren. Genehmigungsprozesse zur Erschließung neuer Grundwasservorräte und der Bau von Wasserfernleitungen dauern aktuell mindestens zehn Jahre und sind daher deutlich zu verkürzen. Selbst „einfache“ wasserrechtliche Erlaubnisverfahren zur Wasserentnahme bzw. Abwasserableitung dauern aufgrund fehlender Fristvorgaben teilweise viele Monate oder gar Jahre.
- Städte und Kommunen klimaresilient und zukunftsfähig gestalten
Starkregenereignisse und trockene heiße Sommer nehmen zu. Experten gehen von einem anhaltenden Trend aus. Die Stärkung des natürlichen Wasserkreislaufs und der damit verbundenen Etablierung von Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung stellen daher einen wichtigen Baustein zur Anpassung von Städten und Kommunen an den Klimawandel dar. Diese Resilienz-Steigerung ist essenziell und gehört städtebaulich umgesetzt. Hierbei ist insbesondere der Fokus auf Bestandsgebäude zu setzen. Dafür müssen bestehende Instrumente ausgebaut und Fördermöglichkeiten geschaffen werden.
Stand: 21.03.2023
Das Forderungspapier finden Sie rechts im Downloadbereich.