Neue EU-Verordnung zur Produktsicherheit - ab Dezember 24 verpflichtend

Mitarbeiter beim Verpacken von Produkten für den Internethandel
© Michael Helbig
Mitarbeiter beim Verpacken von Produkten für den Internethandel

Seit Mai 2023 ist die neue EU-Verordnung 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit in Kraft, die ab dem 13. Dezember 2024 in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anzuwenden ist. Sie löst die alte Richtlinie 2001/95/EG ab.

Übersicht:

Ziel der Verordnung

Alle Wirtschaftsakteure dürfen laut Artikel 5 der Verordnung 2023/988 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1018 KB) in der EU nur sichere Verbraucherprodukte in Verkehr bringen oder auf dem Markt bereitstellen. Darunter fallen gemäß Artikel 2 Nr. 13 die Hersteller, Bevollmächtigten, Einführer, Händler, Fulfillment-Dienstleister sowie alle anderen natürlichen oder juristischen Personen, die Pflichten im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten oder deren Bereitstellung auf dem Markt gemäß dieser Verordnung unterliegen.

Aufgrund der steigenden Digitalisierung und des steigenden Absatzes von Produkten über den Onlinehandel wurden dafür weitere Anforderungen aufgenommen. In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick.

Gültigkeitsbereich

Die Verordnung gilt für in Verkehr gebrachte oder auf dem Markt bereitgestellte Produkte insoweit, wenn im Rahmen des Unionsrechts keine weiteren spezifischen Bestimmungen über die Sicherheit der betreffenden Produkte existieren, zum Beispiel CE-Richtlinien, mit denen dasselbe Ziel verfolgt wird. Die Verordnung schließt jedoch folgende Produktbereiche aus dem Anwendungsbereich aus:

  • Human- und Tierarzneimittel
  • Lebens- und Futtermittel
  • lebende Pflanzen und Tiere, tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte
  • Pflanzenschutzmittel
  • Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge
  • Antiquitäten

Neue Sicherheitsbewertung von Produkten

In Artikel 6 wurden neue Kriterien für die Beurteilung der Sicherheit von Produkten verankert. Dabei wurden folgende Kriterien definiert:

  • Eigenschaften des Produkts (Aussehen, technische Merkmale, Zusammensetzung, Verpackung)
  • Wechselwirkung mit anderen Produkten
  • Aufmachung des Produkts (Etikettierung, Alterskennzeichnung und Warnhinweise, für eine sichere Verwendung, Entsorgung)
  • Erscheinungsbild des Produkts, das den Verbraucher dazu verleitet, das Produkt anders zu verwenden als vom Hersteller vorgesehen (zum Beispiel Form und Farbe des Produkt verleitet Kinder zum Verzehr)
  • Cybersicherheitsmerkmale
  • Sofern die Art des Produktes dies erfordert, die sich entwickelnden, lernenden und prädiktiven Funktionen

Neue Pflichten für Hersteller

Neben bereits schon in der vorangegangenen Richtlinie 2001/95/EG enthaltenen Pflichten müssen die Hersteller nun für jedes Produkt eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen. Diese technischen Unterlagen müssen für mindestens 10 Jahre nach Inverkehrbringen des Produktes aufbewahrt und auf dem neuesten Stand gehalten werden (Artikel 9).

Erweiterung des Anwendungsbereich auf Fulfillment-Dienstleiter und Anbieter von Online-Marktplätzen

Neu in die Verordnung aufgenommen wurde der Fulfillment-Dienstleister als Wirtschaftsakteur (Artikel 4). Dieser taucht bereits im Marktüberwachungsrecht und dem Produktsicherheitsgesetz auf. Allerdings legt die Verordnung 2023/988 (im Unterschied zu § 6 Absatz 6 ProdSG) keine spezifischen Pflichten des Fulfillment-Dienstleisters fest.

Auch Anbieter von Online-Marktplätzen werden nun in den persönlichen Anwendungsbereich mit aufgenommen und haben besondere Pflichten zu erfüllen (Artikel 22), z.B. Registrierung beim Safety-Gate-Portal und Benennung einer Kontaktstelle für Verbraucherfragen zur Produktsicherheit. Anfragen müssen durch Online-Marktplätze innerhalb weniger Tage beantwortet werden.

Besondere Pflichten für Anbieter von Online-Marktplätzen

  • Anbieter von Online-Marktplätzen registrieren sich beim Safety-Gate Portal und hinterlegen dort die Angaben zu ihrer zentralen Anlaufstelle.
  • Außerdem müssen sie sicherstellen, dass sie über interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit verfügen, die es ihnen ermöglichen, die einschlägigen Anforderungen der vorliegenden Verordnung unverzüglich zu erfüllen (Artikel 22).
  • Im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs oder wenn Verbrauchern Informationen zur Kenntnis gebracht werden müssen, um die sichere Verwendung eines Produkts zu gewährleisten, muss sichergestellt werden, dass alle betroffenen Verbraucher ermittelt werden können und unverzüglich benachrichtigt werden.
  • Wirtschaftsakteure und Anbieter von Online-Marktplätzen, die personenbezogene Daten ihrer Kunden erheben, nutzen diese Informationen für Rückrufe und Sicherheitswarnungen (Artikel 35). Rückrufanzeigen erfolgen hier einer nach Artikel 36 definierten Form.

Wesentliche Veränderung eines Produkts

In Anlehnung an den in 2022 veröffentlichten Blue Guide der EU wurde nun auch der Punkt der wesentlichen Veränderung in die neue Produktsicherheitsverordnung 2023/988 aufgenommen (Artikel 13). Dabei wird jede Person zum Hersteller des Produktes, wenn dieser das Produkt physisch oder digital so verändert, dass sich diese Änderung auf die Sicherheit des Produktes auswirkt und 

  • durch diese Änderung das Produkt in einer Weise geändert wird, die in der ursprünglichen Risikobewertung des Produkts nicht vorgesehen war.
  • aufgrund der Änderung sich die Art der Gefahr geändert, eine neue Gefahr entstanden oder sich das Risikoniveau erhöht hat.
  • die Änderungen nicht von den Verbrauchern selbst oder in ihrem Auftrag für ihren eigenen Bedarf vorgenommen wurden.

Spezielle Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit bestimmter Produkte

Für bestimmte Produkte, Produktkategorien oder Produktgruppen, die ein ernstes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern darstellen, kann die Kommission ein Rückverfolgbarkeitssystem einrichten, das die Wirtschaftsakteure, die diese Produkte in Verkehr bringen und auf dem Markt bereitstellen, übernehmen müssen (Artikel 18).

  • Dieses System umfasst die Erfassung und Speicherung von Daten, auch auf elektronischem Weg, anhand dessen das Produkt, seine Komponenten oder die an der Lieferkette beteiligten Wirtschaftakteure identifiziert.

Pflichten der Wirtschaftsakteure im Fernabsatz

Stellt ein Wirtschaftsakteur Produkte online auf dem Markt bereit, so muss das Angebot mindestens folgende eindeutigen und sichtbaren Angaben enthalten (Artikel 19):

  • Namen, eingetragener Handelsname oder Handelsmarke des Herstellers sowie der Postanschrift und die Email-Adresse, unter denen er kontaktiert werden kann.
  • falls der Hersteller nicht in der EU sitzt, Name, Anschrift und Emailadresse der verantwortlichen Person.
  • Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich der Abbildung des Produkts, seiner Art  und sonstiger Produktidentifikatoren
  • etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen, die gemäß dieser Verordnung oder den anwendbaren Harmonisierungsvorschriften der Union in einer Sprache, die für die Verbraucher leicht zu verstehen ist und auf dem Produkt, der Verpackung oder in den Begleitunterlagen zu finden sind.

Abhilfemaßnahmen bei Produktsicherheitsrückrufen

Der Wirtschaftsakteuer hat im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs dem Verbraucher eine wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfe anzubieten (Artikel 37).

Unbeschadet anderer Abhilfemaßnahmen bietet der Wirtschaftsakteur dem Verbraucher die Wahl zwischen mindestens zwei der folgenden Maßnahmen:

  • Reparatur des zurückgerufenen Produkts
  • Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt desselben Typs (mit identischem Wert und Qualität).
  • angemessene Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts, sofern der Erstattungsbetrag mindestens dem gezahlten Preis entspricht

Ansprechpartner

Geschäftsbereich: Innovation und Nachhaltigkeit
Umwelt und Industrie
t: 0355 365 1561
f: 0355 3659 1561
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Geschäftsbereich: Standortpolitik und Regionalentwicklung
Handel
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